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Die fast unendliche Geschichte über eine Schiroute, die es nicht geben darf und deren fragwürdigem Ende (Die fast unendliche Geschichte über eine Schiroute, die es nicht geben darf)

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Die fast unendliche Geschichte über eine Schiroute, die es nicht geben darf und deren fragwürdigem Ende

Schiroute

Am 28. Dezember 2019 hat die BH Bregenz per Bescheid die jahrelang illegal betriebene Schiroute Ragaz im Schigebiet Damüls bewilligt. Illegal deshalb, da die  naturschutzrechtliche Bewilligung vom 24.2.2006 zum Bau der Schigebietsverbindung Damüls-Mellau nur unter der Auflage erteilt wurde, dass “im Bereich der Bergstation der 6-er Sesselbahn Ragaz durch geeignete Absperrungen und Hinweise sichergestellt ist, dass ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste, z.B. nach Mellau oder Laterns, nicht möglich ist“.

Trotz dieser Auflage haben die Bergbahnen Damüls schon im Jahr der Inbetriebnahme einen etwa 100 Meter langen Schiweg unter den Gipfel des Ragazer Blanken präpariert, um die Südhänge hinunter zur Alpe Ragaz für die Tiefschneefreaks zu erschließen. Zwei Jahre später wurde eine Schiroute über das Sünser Joch zur Talstation des Hasenbühelliftes angelegt, welche nochmals 2 Jahre später im offiziellen Pistenplan eingezeichnet wurde.

Schon 2011 und März 2012 wurde die BH Bregenz über diesem Missstand informiert. In Folge hat auch der Alpenverein Vorarlberg jahrelang wiederholt bei persönlichen Vorsprachen sowie schriftlichen Anzeigen auf diese unserer Ansicht nach illegal betriebene Schiroute aufmerksam gemacht. Stets wurden wir mit dem Argument abgewiesen, dass eine Schiroute nicht bewilligungspflichtig und somit trotz dieser Auflage kein Einschreiten seitens der Behörde möglich sei.

Im Jahre 2017 wurde uns von Bezirkshauptmann Dr. Zech ein nochmaliges Ermittlungsverfahren zugesagt. Der Naturschutz-Amtssachverständige kam dabei zum Ergebnis, dass die Bescheidauflage als erfüllt angesehen werden kann. Die Details dazu können Sie aus dem beigelegten Abschlussbericht des Landesvolksanwaltes auf Seite 4 entnehmen. Pikanterweise hat derselbe Sachverständige bei der naturschutzrechtlichen Bewilligung im Jahre 2006 die im ersten Absatz zitierte Auflage eingefordert.

Somit hat sich der Alpenverein Vorarlberg im Feber 2018 an den Landesvolksanwalt mit einer Beschwerde wegen Nichteinhaltung besagter Bescheidauflage gewandt. In seinem Abschlussbericht vom 15.6.2018 wurde der BH Bregenz auferlegt, die Damülser Seilbahngesellschaft auf die korrekte Auslegung dieser Bescheidauflage hinzuweisen und deren Einhaltung in der Wintersaison 2018/19 zu kontrollieren.

Das heißt:

  • ob tatsächlich ein Abfahren außerhalb der bewilligten Pisten Nr. 15 und 16 nicht möglich ist und dies durch geeignete Absperrungen und Hinweise sicher gestellt wird,
  • ob das Präparieren der Skiroute unterlassen wird
  • und ob die Skiroute Nr. 8 im Pistenplan gestrichen sowie die Tafeln, die auf die Skiroute verweisen, entfernt werden.

Somit ist die Schiroute Nr. 8 „Sünserjoch“ ab der Wintersaison 2018/19 endgültig Geschichte - könnte man meinen. Doch weit gefehlt: ein Lokalaugenschein meinerseits am 29.12.2018 ergab, dass zwar die Schiroute Ragaz nicht mehr präpariert und bei der Bergstation der Sesselbahn Ragaz eine Sperrtafel angebracht wurde, jedoch fanden sich sonst nirgends “geeignete Absperrungen und Hinweise”, um ein Abfahren außerhalb der bewilligten Piste zu verhindern. Nicht einmal die Hinweistafel zur Schiroute „Sünserjoch“ wenige Meter neben der Sperrtafel wurde abmontiert, obwohl dies mit wenigen Handgriffen möglich wäre. Somit war es immer noch für jedermann möglich, die südseitigen Tiefschneehänge hinunter zu wedeln oder die Schiroute abzufahren. Dies wurde auch eifrig von den Schifahrern genutzt. Auch das Versprechen der Betreiber gegenüber dem Landesvolksanwalt, die Schiroute aus den Pistenplänen im Internet und Foldern zu nehmen, wurde nicht eingehalten.

 Wir haben im Jänner 2019 den Landesvolksanwalt über diesen Missstand informiert. Dieser wiederum wandte sich Mitte Feber an die Medien. Laut ORF-Bericht vom 19.2.19 (https://vorarlberg.orf.at/news/stories/2965419/) pochte Volksanwalt Bachmayr-Heyda auf die Umsetzung der Auflage. Der Geschäftsführer der Seilbahnen Damüls gab gegenüber dem ORF die Auskunft, dass er die Kritik des Landesvolksanwalts nicht nachvollziehen könne, da man der Auflage sowohl inhaltlich als auch dem Sinn nach entsprochen habe. Diese Aussage sollte sich in Folge jedoch als glatte Lüge entpuppen. Auch die Äußerung des Bregenzer Bezirkshauptmanns, dass seit 2011 sehr genau auf die Einhaltung der Auflagen geachtet wird, lässt sich nicht nachvollziehen. Wenn dem so wäre, hätte es diese Skiroute ja nie gegeben.

Und wieso erst auf Drängen des Volksanwaltes die Situation vor Ort genau angeschaut wurde, darf hier kritisch hinterfragt werden. Laut Schreiben vom 15.6.2018 des Landesvolksanwaltes hätte ja die BH binnen 2 Monaten, das heißt bis spätestens Ende September für die Umsetzung der Auflage sorgen und diese kontrollieren müssen!

Ein nochmaliger Lokalaugenschein am 25.2. ergab, dass die Betreiber die Untätigkeit der Behörde offensichtlich nutzten und besagte Skiroute zwischenzeitlich wieder maschinell präparierten. Interessanterweise war diese am selben Tag im Internet-Pistenstatus als gesperrt gekennzeichnet.

Diese Vorgangsweise seitens der Liftgesellschaft beweist wieder einmal, wie wichtig eine effektive Kontrolle ist. Leider musste der Alpenverein diese Funktion übernehmen, obwohl das die Aufgabe der Bezirkshauptmannschaft wäre. Diese Rolle hat der Landesvolksanwalt mit  Schreiben vom 15.6.2018 auch dezidiert der BH übertragen. Diese Kontrollfunktion wurde - aus welchen Gründen auch immer - offensichtlich nie ausgeübt.

Am 25. März 19 wurde der Alpenverein über den Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda von der Einleitung eines Strafverfahrens gegenüber der Liftgesellschaft informiert.

Ende Dezember 2019 erfolgte seitens der BH Bregenz die Bewilligung für die Schiroute Ragaz. Bei einer tiefer gehenden Analyse fallen jedoch dem Betrachter einige Ungereimtheiten auf:

In der naturschutzrechtlichen Stellungnahme zum Zusammenschluss der Schigebiete Mellau und Damüls forderte der damalige Naturschutzbeauftragte, dass  vor einer Bewilligung des Ragazer Liftes eine Ruhezone im Bereich Ragazer Blanken-Ragaz-Portler Horn einzurichten ist. Weiters forderte er, dass Abfahrtsmöglichkeiten in die Ruhezone (…) zu sperren sind. Wieso gab er nun zu Protokoll, dass aus naturschutzfachlicher Sicht als ursprüngliche Auflage im Bewilligungsbescheid nur die Abfahrt in die Bereiche Mellau und Laterns hätten gesperrt werden sollen? Seine damalige Botschaft ist unverwechselbar und eindeutig und in der Verhandlungs-niederschrift v. 8.3.2005 BH Bregenz protokolliert und somit jederzeit nachlesbar).

Die Behörde wies im Änderungsbescheid darauf hin, dass die ursprüngliche Bescheidauflage unmissverständlich formuliert wurde. Wenn die Auflage durch den Zusatz „z.B. nach Mellau und Laterns“ von den Sachverständigen der BH und Betreibern zu Unklarheiten führt, ist zu hinterfragen, wieso dann statt Streichung dieses Zusatzes die Schiroute bewilligt wurde. Nachdem die Behördenauflage unmissverständlich formuliert wurde, stellt sich die Frage, wieso die BH überhaupt  ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Zu guter Letzt ist zu hinterfragen, wieso unsere diversen Vorsprachen bei der BH  wirkungslos blieben und sich erst durch die Einschaltung des Volksanwaltes etwas bewegt hat, wenn – lt. Bescheid der BH v. 23.12.2019 – die Behördenauflage unmissverständlich formuliert war.

Auch der Landesvolksanwalt hält die Vorgangsweise der Behörde nicht für richtig. In seinem Jahresbericht 2019 hat er festgehalten, „dass von Seiten der Projektbetreiber scheinbar eine Salamitaktik betrieben wird, um die anfangs sehr strengen Maßnahmen völlig zu untergraben. Die Bezirksverwaltungsbehörde scheint diese Taktik zu unterstützen, in dem sie den Rechtsrahmen bis zum Äußersten zu Gunsten der Seilbahnen ausdehnt. Ob die BH Bregenz die Auflage verändern durfte, obwohl bereits eine entschiedene Sache vorlag, müsste letztendlich der Verwaltungsgerichtshof klären“. Der Landesvolksanwalt hat jedoch keine rechtliche Möglichkeit, den VwGh anzurufen.

An dieser Stelle möchte ich ihm ein herzliches Dankeschön für seinen Einsatz in dieser Angelegenheit aussprechen.

Die ganze Geschichte lässt die Behörde in einer sehr schiefen Optik erscheinen. Für mich ist diese Vorgangsweise ein weiterer Beweis, dass die Wirtschaft stets Vorrang gegenüber dem Naturschutz genießt.

Gerhard Kaufmann
Landesnaturschutzreferent

 

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