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Der Rucksack ist übernatürlich schwer. Was klar ist, schließlich befinden sich 12 Klemmkeile, 2 Friends, 1 Hammer, 5 Schlaghaken, 1 zusätzliches Seil und ca. 10 Karabiner zu viel im Rucksack, also zu viel heißt: zusätzlich zum „normalen“ Kletterzeug. Die Materialseilbahn lässt sich aber geduldig beladen und kaum ist alles eingepackt, beginnt es zu regnen. Typischer Landregen, wie wir später lernen werden. Das heißt lange, gleichmäßig und ergiebig. Die Gore-Tex Wäsche zeigt sich unbeeindruckt und 2h später sind wir auf der Voisthalerhütte, unserem Stützpunkt. „Wir“? Das sind 8 motivierte, junge und alte Leute aus Tirol, Salzburg, Kärnten und der Steiermark, die erst mal betrübt aus dem Fenster schauen.
Zuerst gibt es für alle Materialkunde und am Nachmittag
heißt’s dann auch schon „raus in den Regen“! Glücklicherweise weht auch noch
ein starker Wind mit ca. 60km/h, der die Temperatur von 4°C noch weiter nach
unten drückt. Trotzdem murrt niemand und es werden Stände an mobilen
Sicherungsmitteln gebaut, kritisch beäugt, Flaschenzüge installiert und am
Übungsblock erste Kletterversuche mit den Bergschuhen und mobilen Sicherungen
gemacht.
Der Tag darauf war noch windiger und es nieselte hin- und wieder, trotzdem machten wir uns vollbepackt auf Richtung Hochschwab Südwand. Aufgeteilt in 2 kleinere Gruppen mit je einem Bergführer wählten wir den „Mixnitzer Weg“ und den „Abrüster“ als Routen der Begierde. Beide stellten sich an diesem Tag als widerspenstige Monster heraus. Ich befand mich im „Abrüster“ der abschnittsweise mit wirklich solidem Fels glänzte, dafür mit umso weniger Bohrhaken und streckenweise richtig nassem Fels. Was nicht verwunderlich war, hat es doch den ganzen vorigen Tag geregnet. An diesem Tag war mehr Überwindung als starke Finger gefragt und wir kämpften uns Seillänge für Seillänge durch Nebel, Graupelschauer, Wind, brüchigen Fels und nasse Platten.
Mein Seilpartner hatte an diesem Tag besonderes Pech. Bevor er eine Sicherung legen konnte, riss ihm eine Schuppe aus und er stürzte weit unter den Stand, wo er gegen die Wand schlug. Erst meinte er, dass nix ist und er weiterklettern kann, was er auch tat. Am Gipfel angekommen humpelte er allerdings stark und im Schiestlhaus stellte sich heraus, dass er eine Rissquetschwunde am Knie hatte und man sogar die Kniescheibe sehen konnte. Glücklicherweise war auch das Bundesheer oben, und der SanUO hat sich sofort um sein Bein gekümmert und empfohlen es dringendst nähen zu lassen. Das Bundesheer hat dann auch den Abtransport ins Tal organisiert und war uns eine riesige Unterstützung an diesem Tag!
Tag’s darauf wollten wir es noch einmal wissen und stiegen in die Karlmauer ein, welche in unmittelbarer Nähe der Voisthalerhütte liegt. Windböen mit bis zu 160km/h fegten mich fast aus der Wand, wenn ich mich nicht an Haken festgehalten hätte oder mich in Felsnischen gekauert hätte. In der letzten Seillänge, einer engen Rinne, blies so stark der Wind, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstanden hat. Auch am Gipfel war der Spuk nicht vorüber und wir mussten einige Male stehenbleiben und in der Hocke abwarten, bis die Böe vorüber war.
So kann Alpinklettern sein. Muss es aber nicht.
Ehrlicherweise muss gesagt werden, niemand, selbst unsere Bergführer nicht, würden bei so einem Wetter in irgendeine Wand einsteigen. Aber bei Ausbildungen herrschen andere Richtlinien. Glücklicherweise waren da die Abende, die mit ausgezeichnetem Essen, Bier, Wein und manchmal auch mit Gesang ausgefüllt waren. Die ganze Gruppe erwies Galgenhumor in unerschöpflichem Ausmaß, ansonsten hätte ich wohl die Nerven weggeschmissen bei diesen Verhältnissen und den Absicherungen in den Wänden. Es waren 5 intensive Tage, die die Gruppe mehr zusammengeschweißt hat, als es der Aufenthalt in einem Klettergarten je könnte und ich freue mich schon wieder auf halbwegs gut abgesicherte Mehrseillängentouren!
P.S.: Der Seilrollenflaschenzug ist ab sofort
meine Spezialität! ;-)