Messteam vor dem wichtigsten Stützpunkt - unsere Villacher Hütte
Kein gletscherfreundlicher Sommer
Das Winterhalbjahr 2006 / 07 war von unterdurchschnittlichen Schneemengen am Alpenhauptkamm geprägt. Das Frühjahr war ungewöhnlich warm und trocken: so blieben im April Teile Ostösterreichs ganz ohne Niederschlag. Der in weiten Teilen Österreichs als niederschlagsreich und kühl empfundene Sommer 2007 war tatsächlich überdurchschnittlich warm. Im Juli zogen mehrere Kaltfronten über die Alpen, brachten aber keine schützende Neuschneedecke für die um diese Zeit schon stark ausgeaperten Gletscher, sondern Regen bis in die Gipfelregionen. So fanden wir die Gletscher durchgehend aper vor und verzeichneten erneut starke Rückgänge.
Starke Rückgänge und Dickenverlust
Das Gletschervorfeld des Hochalmkees, des mit 2,77 km2 größten Gletschers der Region, fanden wir in der letzten Augustwoche stark verändert vor. Der Zungenbereich schmilzt sehr rasch ab; der Gletscher löst sich regelrecht auf. Das Gletschertor, das im Vorjahr noch 15m breit, 5m hoch und begehbar war, ist vollständig eingebrochen und verschwunden.
Der Mittelwert der Rückgänge am Hochalmkees lag heuer bei 12,2 m gegenüber 7,1 m im Vorjahr. Der gleiche Trend war auch bei den anderen Gletschern der Region zu beobachten. Am Großelendkees lag der Durchschnitt des Rückzuges sogar bei 15,0 m, am Kleinelendkees betrug er 8,5 m und am Kälberspitzkees 8,2 m.
Leiider mussten wir die Messungen nach dem 4. Tag wegen Schlechtwetter abbrechen. Der Wintereinbruch in der letzten Augustwoche ließ keine Messungen der Marken mehr zu. Winklkees und Trippkees bleiben daher heuer ohne Vergleichsmessungen.
Das Gebietsmittel des Gletscherrückganges wurde somit aus den Werten der vier Gletscher mit insgesamt 32 Marekenmessungen mit -10,98 m errechnet.
Am Hochalmkees, Großelendkees und Kälberspitzkees wurde die Veränderung der Höhe der Eisoberfläche in insgesamt 5 Profilen gemessen: der Dickenverlust innerhalb eines Jahres beträgt hier zwischen 4,2 m (Hochalmkees), 3,4 m (Großelendkees) und 3,9 m am Kälberspitzkees. Dies ist um durchschnittlich 0,5 m bis 1,0 m mehr als in den vergangenen Jahren.
Schwierige Übergänge durch den Gletscherrückgang
Die starke Ausaperung und der Anstieg der Permafrostgrenze führen auch zu Veränderungen der Wegbedingungen in der Preimlscharte: Mit dem gesamten Messteam und der umfangreichen Messausrüstung waren wird fast zwei Stunden mit dem Abstieg durch die Scharte auf das Großelendkess beschäftigt. Steinschlag und Murenabgänge haben den Weg im unteren Bereich zu einem sehr unangenehmen und dem gefährlichsten Abschnitt der Tour gemacht.
Andreas Knittel