Abseits der Debatte ums Militär: Warum die Lizum im Wattental auch eine starke und lebendige zivile Seite hat.
Die Lizum im Wattental, Tirols zweitgrößtes Almgebiet, hat neben der militärischen eine sehr lebendige, starke zivile Seite: Die Lizum in den Tuxer Alpen steht für naturnahe Land-, Forst-, Almwirtschaft mit Käsereien und explizit für "sanften Tourismus". Die Lizum ist ein europäischer Sonderfall, zugleich ein Modell für ein Miteinander verschiedener Interessengruppen, militärische wie zivile Nutzer. Seit 600 Jahren wird hier Alm-, Forst- und Landwirtschaft betrieben. Alpintourismus und Naherholung (völkerverbindendes Bergwandern; Klettern, Skitour) sind seit 125 Jahren heimisch.
Von 1938 bis 1945 hat die Deutsche Wehrmacht die Lizum für nationalsozialistische Zwecke beschlagnahmt. Seit 1955 ist die Lizum ein Übungsplatz des Bundesheeres.
Kern- und Herzstück dieses gedeihlichen Miteinanders bildet der "Übergabe-Staatsvertrag von 1955". Auf Betreiben der Bevölkerung wurde dieser von der Bundesregierung unter Kanzler Julius Raab mit allen Nutzern abgeschlossen. Er war auch ein Zeichen des Ausgleichs für die durch Zwangsverkäufe faktisch enteigneten Almen und das Alpenvereinshaus. Der Vertrag regelt modellhaft das Zusammenleben zwischen Bundesheer und allen zivilen Nutzern, um Weiterbestand und weiteres Bewirtschaften zu gewährleisten.
Der Vertrag bewährt sich seit 65 Jahren, sofern sich alle Beteiligten an die Vereinbarung halten. Durch die erschreckende Anfrage über "Bombenattrappen-Abwürfe über der Lizum" und den "Letter of Intent" über Nutzungsverschiebungen hin zur deutschen Bundeswehr ist die latent heikle Causa Lizum topaktuell. Aspekte ziviler Nutzung kommen in der öffentlichen Diskussion kaum vor.
Um die Interessen der heimischen Bevölkerung von Wattenberg, Wattens und der Region präsent zu halten, kümmert sich seit fünf Jahren die bürgerliche Interessengruppe LEWAL, der Verein "Lebenswertes Wattental". Man ist um gute Gesprächsbasis aller Nutzer mit dem Bundesheer bemüht. Bei einem öffentlichen Info-Abend erinnerte der Verein an den 1955er- Grundvertrag, der sich nicht einseitig verändern dürfe. LEWAL schärft, in Abstimmung mit Bevölkerung, Almbauern und anderen Nutzern, die Eckpunkte für die Zukunft.
Land- und Almwirtschaft müssen sich nachhaltig entwickeln können. Die nötige Infrastruktur muss durch faire Pachtverträge abgesichert werden. In der Haupt-Alm-, Wander- und Skitourensaison sind die schießfreien Zeiten einzuhalten, die Begehbarkeit der Wege ist im Sinne der Alpenkonvention zu gewährleisten. Lizum- und Mölstal müssen Naherholungsgebiete bleiben. Es darf keine weitere langfristige Bindung an ausländische Truppen geben, weder durch Verkauf noch durch Vermietung/Verpachtung. Das Neutralitätsgesetz ist strikt einzuhalten. Nur diese Verzahnung lokaler Lebensart, gepflegter Kulturlandschaft und einem Zusammenwirken aller Nutzer bildet die Grundlage für eine positive Entwicklung des Wattentals, der Lizum und ihrer Almgebiete.
Gerald Aichner, Vorsitzender ÖAV Landesverband Tirol, Mitglied im Verein LEWAL >>>
BRIEF an TIROL in der Tiroler Tageszeitung, SO 9. Febr. 2020
Hägglund Kettenfahrzeuge der Deutschen Bundeswehr fahren übers Klammjoch zum Mölsjoch
Das zweite Lizumer Nutzertreffen des Wattenberger Vereins LEWAL, Lebenswertes Wattental, brachte eine gewisse Beruhigung in der Diskussion um Ausbaupläne in der Wattentaler Lizum durch die Deutsche Bundeswehr. mehr
Die TT berichtete dazu: mehr TÜPl Lizum: Gespräche mit Deutschland gehen weiter
Keine Ausweitung in der Lizum mehr
Landeshauptmann Günther Platter (VP) hat am Freitag 24. 1. 2020 in Kitzbühel mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) über die künftigen Übungsaktivitäten am Truppenübungsplatz Lizum/Walchen in der Wattener Lizum gesprochen. Bekanntlich gibt es eine Absichtserklärung zwischen dem deutschen und dem österreichischen Verteidigungsministerium, dass sich die Bundeswehr an der Modernisierung beteiligt. „Wir sind übereingekommen, dass in Zukunft keine höhere Intensität an Übungen in der Wattener Lizum kommen soll. Alle allfälligen weiteren Schritte sollen nun mit den betroffenen Standortgemeinden gemeinsam diskutiert werden“, betont der Landeschef. (TT, mami, pn)
Unter Kunasek angebahnt .. mehr