Vishnu von Gerhard Sölkner (Österreich)
Oft sind Berge das Ziel von Menschen, die Ruhe und innere Einkehr suchen. Das Wandern in der Natur ist eine gute Möglichkeit, sich zu entspannen und eigenen Gedanken nachzugehen. Überall auf der Welt stellen sich Menschen die gleichen Fragen:
Woher komme ich?
Wer bin ich?
Warum lebe ich?
Wohin gehe ich, wenn ich sterbe?
Es sind dies die ureigensten Fragen der Menschheit, deren Antworten jeder in seiner eigenen Religion zu finden sucht. Unabhängig davon, welcher Religion er angehört. Jeder glaubt und dient Gott auf seine Art und Weise. Dem will dieser Pilgerweg der Religionen Rechnung tragen.
Der Pfad führt durch Wald und Almen, vorbei an der Rottenmanner Hütte, steigt dann durch einen wunderschönen Zirbenwald an bis zum Globuckensee auf 1780 m. Entlang dieses Weges wurden von Künstlern gestaltete Skulpturen aufgestellt. Diese Kunstwerke versinnbildlichen unterschiedliche Religionen. Ein erklärendes Schild enthält (einen) Grundgedanken der jeweiligen Glaubensrichtung, um Besuchern die Ähnlichkeiten der religiösen Vorstellungen nahe zu bringen.
Eine kleine Gruppe der Alpenvereins-Sektion Rottenmann hat sich daran gemacht, diesem Gedanken in einem Kunst-am-Berg Projekt, Geltung zu verschaffen.
Viele Reisen nach Asien, die Begegnung und Erfahrung mit den Kulturen des Ostens und die Erfahrung ihrer Toleranz haben die Gruppe bewogen, diese Idee aufzugreifen und durch Kunstwerke darzustellen.
Im Mittelpunkt stehen die fünf großen Weltreligionen, aber auch das Einbeziehen kleinerer Glaubensgemeinschaften und Naturreligionen wurde für wichtig erachtet. Das Gemeinsame und die gegenseitige Toleranz sollen am Beispiel dieses Pilgerpfades aufgezeigt werden, Unterschiede werden akzeptiert.
So haben Künstler und eine Künstlerin aus Frankreich, Polen, Armenien, der Slowakei, dem Irak, Israel und Österreich teilgenommen, um mit ihrem Beitrag diese Idee zu unterstützen. Einige Mitglieder des Künstlerkreises Bug Strechau haben von Beginn an tatkräftig an diesem Projekt mitgearbeitet.
Anfänglich waren viele Mitbürger geteilter Meinung, ob der fremdartigen Religionssymbole. Es trat eine Polarisierung der Ansichten ein: Sind es nun heidnische Götzenbilder, die im christlichen Kulturkreis nichts zu suchen haben oder ist es ein längst notwendig gewordenes Zeichen einer interkonfessionellen Zusammenschau?
Etwa 50 freiwillige Mitarbeiter haben mitgeholfen, dass diese Idee verwirklicht werden konnte. Alle teilnehmenden Künstler haben ohne Honorar gearbeitet, viele heimische Firmen und Institutionen haben durch Sponsoring den finanziellen Rückhalt geboten.
Die Befürchtung, dass die Kunstwerke das Naturerlebnis beeinträchtigen würden, hat sich nicht bewahrheitet vielmehr ist bei der Aufstellung große Achtsamkeit verwendet worden. Die Aufstellungsplätze wurden in Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde sorgfältig ausgewählt, um das Landschaftsbild nicht zu beeinträchtigen.
In den Rottenmanner Tauern begegnen Wandersleuten fortan Christus, Buddha, Vishnu, ein Davidstern und ein Halbmond, der Sonnengott der Inka und andere Religionsvertreter.
Als Materialien für die Werke kamen ausschließlich Holz und Stein zur Verwendung.
Ein erklärendes Schild verweist auf einen der Grundgedanken dieses Glaubens, um den Besucherinnen und Besuchern die Vielfalt der religiösen Inhalte nahe zu bringen.
Nimmt man den Eindruck der Figuren und die sie umgebende Landschaft in sich auf, so wird man den Leitgedanken dieses Pilgerweges der Weltreligionen sicherlich verstehen und vielleicht auch annehmen können.
Alle Religionen suchen den Kontakt mit dem Einen.
Sie geben ihm verschiedene Namen: Gott, Brahman, Leerheit, das Absolute usw.
Das Eine ist wie der Gipfel eines Berges, den alle besteigen wollen.
Wer am Gipfel ankommt erkennt, dass die verschiedenen spirituellen Wege nur verschiedene Aufstiege auf den gleichen Gipfel sind.
E.W. Knapp