Der Traweng hinter den Steirerseehütten
Es ist wohl die letzte Gelegenheit im heurigen Winter, eine AV-Tour durchzuführen. Corona steht wie ein Schatten über dem täglichen Leben und schränkt auch unsere Freizeitaktivitäten immer mehr ein. Drei Teilnehmer fallen schon im Vorfeld aus.
Wir wollen es trotzdem versuchen - und das Glück wird uns hold sein.
Schon vor ein paar Tagen hatte ich die
Bedingungen von der Gnanitz bis zum Steirersee erkundet und es stellte sich
heraus, dass die Tour vom Parkplatz aus zu machen ist, ohne die Skier zu
tragen.
Und so starten wir zu viert - Irene, Friedl, Miguel und ich - bei Minusgraden und guten Wetterbedingungen. Die Schneeoberfläche ist hart und so kommen wir gut voran. Beim Steirersee scheint es, als würde sich das Wetter - entsprechend der Vorhersage - verschlechtern. Doch am Gipfelhang bricht die Sonne wieder durch und die Bedingungen bleiben bis zum Ende der Tour stabil.
Als wir den Gipfel erreichen, befinden sich dort noch zwei weitere Tourengeher. Wir halten Respektabstand und lassen auch das obligatorische Händeschütteln sein. Wir genießen die Sonne und die Windstille, bis wir uns bereitmachen, die Geisterwaldabfahrt anzutreten. Da an den überschattigen Hängen Hartschnee zu erwarten ist, entscheiden wir uns für die sonnige Variante. Und bald haben wir Firn unter den Bretteln, was uns vor allem in den steileren Passagen sehr entgegenkommt. Schließlich erreichen wir über einige Lawinenfelder den Geisterwald, der wiederum im Schatten liegt, aber ebenfalls schon aufgefirnt hat. Hier liegen zwischen weit auseinanderstehenden Lärchen riesige - teils von Vegetation überwucherte - Felsblöcke. Der Ort wird von gewaltigen Felswänden umschlossen, die die Sonne auszusperren scheinen. Geisterwald ist wohl ein treffender Name für diesen Platz.
Am tiefsten Punkt unserer Abfahrt auf der Nordseite der Tauplitz liegt die idyllische, tief verschneite Ödernalm. Hier heißt es wieder anfellen und noch einmal ein paar hundert Höhenmeter aufzusteigen. In einer Stunde sind wir am Öderntörl und über den Großsee erreichen wir nach weiteren 20 Minuten die Grazer Hütte. Wir beschließen - unter den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen - doch kurz einzukehren. Da wir die einzigen Gäste sind, haben wir genug Platz, uns im Gastraum auszubreiten.
Nun beginnt der letzte Teil der Tour: Die Abfahrt über Steirersee, Lahnergrube und Niederblas zurück zum Parkplatz in der Gnanitz. Und wiederum haben wir Glück: Der Schnee ist aufgefirnt und nicht brüchig. Und so kommen wir gut zwischen den Strauchgruppen und Bäumen durch und auch der Forstweg stellt kein Problem dar.
Wir verabschieden uns voneinander am Parkplatz und wünschen uns gegenseitig gute Gesundheit. - Wenige Tage später wird sich die Situation mit dem Coronavirus auch in Österreich dramatisch zuspitzen.
Gerald Bertl