Umweltdachverband, Alpenverein, Naturschutzbund, Naturfreunde, BirdLife Österreich und WWF kritisierten bei einer Pressekonferenz am 15.1.2019 die oberösterreichische Naturschutzgesetz-Novelle scharf.
Update vom 25.1.2019: Zusätzliche Bürokratie und Schikanen für Umweltorganisationen vorgesehen!
[15.01.2019] "Die Demontage der OÖ Umweltanwaltschaft ist unhaltbar und wird scharf zurückgewiesen": Mit dieser Botschaft kritisiert der Umweltdachverband im Schulterschluss mit Naturschutzorganisationen und Alpinvereinen die oberösterreichische Naturschutzgesetz-Novelle.
Die Novelle soll Beteiligungs- und Rechtsschutzrechte für anerkannte Umweltorganisationen (NGOs) in naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren im Sinne der Aarhus-Konvention nachbessern – im gleichen Atemzug soll allerdings der Umweltanwaltschaft die Parteistellung entzogen werden. Der Umweltdachverband hat dies bereits frühzeitig kritisiert.
"Hier werden Scheinargumente vorgebracht, um eine anerkannte, öffentlich-rechtliche Umweltinstitution in ihren Grundfesten zu erschüttern. Während die Wirtschaftskammern per Parlamentsbeschluss vor kurzem zu Standortanwaltschaften aufgewertet wurden, soll der Umweltanwalt massiv beschnitten werden. Das ist eine fatale Entwicklung, die einem modernen und reichen Bundesland wie Oberösterreich, das sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat, unwürdig ist.Es ist beschämend, dass sich gerade Naturschutz-Landesrat Manfred Haimbuchner mit der geplanten Demontage der Umweltanwaltschaft und der Schwächung des Naturschutzes zum Erfüllungsgehilfen von Wirtschaftslobbyisten macht", sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
"Die angedachte Naturschutznovelle 2019 ist als Anschlag gegen die Natur zu werten. Warum das politisch zuständige Regierungsmitglied - LH-Stv. Haimbuchner – diese Verschlechterungen im Begutachtungsverfahren einbringt, ist nicht nachvollziehbar. Zwangsläufig stellt man sich die Frage, wer sich diese Gesetzesänderungen wünscht und Vorteile davon hat? – sicher nicht die Natur!", unterstreicht Herbert Jungwirth vom Alpenverein Oberösterreich.
Neben der Entmachtung der OÖ Umweltanwaltschaft sieht der Begutachtungsentwurf eine Reihe weiterer Angriffe auf Umweltstandards vor: So sollen der Bau von Forststraßen künftig in weiten Teilen ohne Einbeziehung des Naturschutzes erfolgen und der Uferschutz bei Seen und Fließgewässern stark aufgeweicht werden.
"Wir erleben die Zeit des größten Arten-, Natur- und Ressourcenverlustes, beklagen uns über das Bienensterben und ungebremsten Bodenverbrauch. Umso empörender ist es, dass jetzt ein derart naturfeindlicher Gesetzesentwurf vorgelegt wird! Wir fordern Naturschutz-Landesrat Haimbuchner zum sachlichen Dialog auf Augenhöhe auf. Der vorliegende Gesetzesentwurf muss zurück an den Verhandlungstisch!", so Franz Maier abschließend.
Aktuell müssen alle 9 Bundesländer aufgrund von Europarecht ihre Naturschutzgesetze an die Aarhus-Konvention anpassen. Damit sollen Rechte von Öffentlichkeit und NGOs auf Information, Beteiligung am Verfahren und Zugang zum Gericht gestärkt werden. Dies gilt für Verfahren in Europaschutzgebieten oder wenn europarechtlich geschützte Arten von einem Projekt betroffen sind.
Im Zuge dieser notwendigen Anpassung soll jetzt aber im Anlassfall Oberösterreich gleichzeitig der unparteiische Umweltanwalt massiv in seinen Rechten beschnitten werden. Gleichzeitig verfügen die in Frage kommenden NGOs oftmals nicht über die personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen, die für eine Teilnahme an Naturschutzverfahren erforderlich sind.
Eben diese wichtige Arbeit leisten die seit dem Jahr 1985 in allen Bundesländern eingesetzten Umweltanwaltschaften. Deren gesetzliche Aufgabe ist es, der wehrlosen Natur eine Stimme zu geben und die Interessen der Natur und der Landschaft frei von Weisungen und überparteilich in jährlich tausenden Naturschutzverfahren zu vertreten. Sie beraten als Experten Land, Gemeinden, Projektwerbende, NGOs, Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen.
[25.01.2019] Die Detailprüfung hat nun offenbart dass ein eigenes Anerkennungsverfahren für Umweltorganisationen eingeführt werden soll. Der Umweltdachverband verlangt vollständige Rücknahme und Neuverhandlung unter Einbindung der betroffenen NGOs.
Die umstrittene Novelle des OÖ Naturschutzgesetzes lässt die Wogen weiter hochgehen. Der Umweltdachverband kritisiert einen weiteren bis dato nicht öffentlich diskutierten Aspekt: "Der Entwurf sieht ein neues, eigenes Anerkennungsverfahren für Umweltorganisationen vor. Dieses bedeutet einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für alle Naturschutz- und Alpinorganisationen, selbst wenn diese – wie Naturschutzbund, Alpenverein oder Naturfreunde – bereits seit Jahrzehnten bestehen und auf Bundesebene nach dem UVP-Gesetz anerkannt sind. Erst jüngst wurde mit der UVP-G-Novelle 2018 bereits eine Verschärfung der Anerkennungskriterien und ein dreijähriger Überprüfungsmodus für NGOs eingeführt.
Laut den in Oberösterreich geplanten Bestimmungen müssten diese ehrenamtlich geführten Organisationen ihre Gemeinnützigkeit nun ein weiteres Mal alle drei Jahre durch Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers oder -treuhänders nachweisen. Neben zusätzlichen Kosten sind damit auch massive Unsicherheiten für jede einzelne Umweltorganisation verbunden, ob ihre Anerkennung in Oberösterreich weiterhin aufrecht bleibt", betont Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Denn für die Anerkennung wird ausdrücklich die "ausschließliche" und
unmittelbare Förderung des Natur- und Artenschutzes verlangt. "Das ist
ein K.O.-Kriterium für einige anerkannte Vereine! Organisationen wie
Alpenverein oder Naturfreunde, aber auch BirdLife Österreich oder das
Forum Wissenschaft & Umwelt haben neben dem Naturschutz bekanntlich
auch zusätzliche Aufgaben, wie die Förderung des Bergsteigens,
Jugendarbeit, Forschungs- oder Bildungsaufgaben.
Derartige, in keinem
anderen Bundesland existierende oder vorgesehene Anerkennungskriterien
sind eine böse Schikane für NGOs, die man ja vorgeblich mit neuen
Beteiligungsrechten aufwerten will! Die betroffenen Organisationen
laufen damit Gefahr, künftig aus Verfahren ausgeschlossen zu werden. Für
die wenigen anderen verbleibenden würden bürokratische Hürden
aufgebaut. Das ist ein perfider Angriff auf die Zivilgesellschaft und
den Naturschutz!
Unklar bleibt auch, welche Anforderungen an den Nachweis gestellt werden, dass man den Tätigkeitsbereich statutengemäß ausdrücklich in Oberösterreich ausüben muss. Zu befürchten bleibt, dass letztlich nur ein oder zwei Umweltorganisationen ihre Anerkennung aufrechterhalten können. Das wiederum wäre nicht konform mit der Aarhus-Konvention. Wir verlangen daher – auch aus diesen Gründen – eine vollständige Rücknahme des verfehlten Gesetzesvorschlages und eine Neuverhandlung unter Einbindung aller betroffenen Naturschutz- und Alpinorganisationen", so Maier.