[15.10.2020] Kein Sommer wie jeder andere: COVID-19 war auch oberhalb der Baumgrenze das beherrschende Thema. Die Saisonbilanz der Alpenvereinshütten fällt aber dennoch besser aus als erwartet: Ein Umsatzrückgang bei den Nächtigungen konnte zum Teil durch ein starkes Geschäft mit Tagesgästen wieder wettgemacht werden. Keine einzige COVID-19-Infektion wurde auf eine Alpenvereinshütte zurückgeführt.
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„Immerhin durften wir irgendwann wieder aufsperren“: Mit diesem Motto starteten viele Hüttenwirt*innen etwas verhalten und später als üblich in die Saison. Nach dem Lockdown, der in Österreich weite Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in den Monaten März und April lahmlegte, merkte man besonders auf den Schutzhütten des Alpenvereins ein aufgestautes Bedürfnis nach Bewegung und Natur. „Die neuen Hygiene- und Abstandsvorschriften verlangten den Hüttenwirten eine große Portion Flexibilität ab, unsere Maßnahmen haben sich aber mehr als bewährt“, lobt Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie. Hüttenlager mussten innerhalb kurzer Zeit mit Trennwenden ausgestattet, Desinfektionsmittelspender montiert und das Hüttenpersonal geschult werden. All das zeigte Wirkung: „Wir müssen auf Holz klopfen, kein einziger bekannter Fall einer COVID-19-Ansteckung und schon gar kein Cluster wurde auf eine Alpenvereinshütte zurückgeführt“, zieht Peter Kapelari eine aus gesundheitlicher Sicht sehr erfreuliche Bilanz des Sommers.
Durch die verschärften Abstandsregeln war das Schlafkontingent vieler Hütten stark reduziert, mittels Umbauten konnte aber einiges abgefedert werden. Schlussendlich hatten die Alpenvereinshütten diesen Sommer zwischen 25-30% weniger Nächtigungskapazitäten anzubieten. Speziell Hütten, die entlang bekannter Weitwanderwege liegen, punkteten dieses Jahr mit einer konstant hohen Auslastung. „Die Wanderer kamen besser verteilt und weniger in Wellen als sonst. Das liegt auch an unserem neuen Reservierungssystem und der Reservierungspflicht“, erklärt Peter Kapelari das Phänomen. Schwieriger war die Situation für hochalpine Hütten in Gletschernähe, die ansonsten gut von Gruppen und Kursen besucht werden. Diese mussten zum Teil einen starken Nächtigungsrückgang verzeichnen, weil viele Kurse abgesagt wurden. Besonders in Ostösterreich wurde sogar ein Zuwachs an Tagesgästen im Vergleich zum bereits sehr starken Vorjahr gezählt, das Motto „Urlaub daheim“ bedeutete für viele Menschen „Urlaub in den heimischen Bergen“. Insgesamt bilanziert der Alpenverein ein leichtes Minus bei den Hüttenumsätzen, die Saison verlief aber dennoch besser als erwartet.
Auch für die Hüttengäste war die Situation keineswegs einfach: Die unterschiedlichen Regelungen der Länder führten gerade in den Grenzbereichen zu Bayern und Italien häufig zu Verwirrungen. Auf vielen Hütten waren die Besucher aufgefordert, selbst ihren Hüttenschlafsack und Kopfkissenbezug mitzubringen, weil ein Waschen der Decken nach jedem Gast oft schlicht unmöglich war. „Insgesamt haben die Gäste aber die neuen Hygienemaßnamen durchwegs begrüßt, die Trennwände in den Lagern brachten zum Beispiel mehr Intimsphäre und Ordnung“, resümiert Peter Kapelari.
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Für die kommende Wintersaison rechnet der Alpenverein mit einem starken Plus an Skitourengehern. Die Nutzung von Winterräumen des Alpenvereins, der Naturfreunde und des Touristenklub Österreichs ist aktuell größtenteils möglich – bitte die Hinweise auf unserer Website beachten! „Der Schutzgedanke steht hier im Vordergrund, wir appellieren an die Eigenverantwortung“, sagt Peter Kapelari. Allerdings müsse man das reduzierte Platzangebot beachten, bei einem bereits vollen Winterraum bleibt dann nur der Weg zurück ins Tal.
Vorgegebene Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen sind in Winterräumen einzuhalten, die gewohnte Platzkapazität kann daher stark eingeschränkt sein. Achtung: Bitte beachten, dass diese Regelungen nur für Winterräume des Österreichischen Alpenvereins, der Naturfreunde Österreich sowie des Österreichischen Touristenklubs gelten! Wichtig ist, sich vor einer Tour bei der hüttenbesitzenden Sektion über Winterräume zu informieren.
Ein paar Stimmen „von draußen“, von Pächter*innen der Alpenvereinshütten
Eine gute Stunde Fußmarsch vom Lünersee bergauf und schon ist man auf der Sonnenterrasse der neu errichteten Totalphütte im Rätikon, nach einem Lawinenunglück vor zwei Jahren ist die Hütte seit Juli 2020 wieder in Vollbetrieb. Die leichte Erreichbarkeit garantiert der Hütte viele Tagesgäste, aber auch die Übernachtungsplätze sind oft ausgebucht.
Pächter Christian Beck stelle COVID-19 allerdings vor ein anderes Problem: Sein bewährter Hilfskoch aus Tschechien konnte dieses Jahr nicht zu ihm auf die Hütte kommen, deshalb steht er an vielen Tagen seit fünf Uhr Früh in der Küche und bereitet die Speisen für den Tag vor. „Die Knödel müssen trotzdem gerollt werden“, meint Christian.
Corona war für die Wirtsleut' der Pfeishütte durchaus spürbar, auch wenn viele Tagesgäste auf dem Goetheweg vom Hafelekar über Innsbruck zu Besuch kamen. Gut gebucht war die Pfeis trotzdem, das Nadelöhr waren im Endeffekt gar nicht die Betten, sondern die Tische für die Bewirtung der Gäste, informiert Hüttenwirtin Vroni Kirchmayer.
„Bewährte Formate wie die Bergferien für die ganze Familie mussten dieses Jahr leider ausfallen", meint Vroni.
Wenn es Pächter Roland Krieber mit einem Wort zusammenfassen müsste: „A Schmarrn!“ Am Habsburgerhaus lief die Saison nicht so ganz nach Plan, was Krieber vor allem der Wetterlage in die Schuhe schiebt. Bis Mitte Oktober hatte er 58 Schlechtwettertage gezählt, „und wir sind halt eine Hütte, da musst mindestens eine Stunde herhatschen!“
Ein Drittel weniger Umsatz und Nächtigungen steht am Ende der Saison im Buche. „Auch die Hygienemaßnahmen auf einer Hütte umzusetzen ist am Ende des Tages ziemlich witzlos, die Masken und das ständige Herumwischen, einfach war das nicht!“
Wer nach dem zweistündigen Fußmarsch am Prielschutzhaus ankommt, wird von einer großen Gämse aus Holz begrüßt. „Bitte eine Gams Abstand halten“, so die alpine Neuinterpretation des berühmten Babyelefanten.
Pächter Michael Heinrich zieht eine positive Bilanz des Sommers, die Hütte war nach zögerlichem Anlaufen im Frühsommer dann durchwegs gut besucht.
Etwa 30% weniger Nächtigungen als normal verzeichnete die Sillianer Hütte am Karnischen Höhenweg. „Normal kommen bei uns viele Gäste aus Südtirol, die wegen der Grenzschließungen aber ausblieben“, meint Pächterin Viktoria Maurer.
Kein großes Problem stellen die geforderten Hygienemaßnahmen dar, die kürzlich sanierte Hütte verfügte bereits über Lager mit genügend Abstand. Ein Nadelöhr waren die beschränkten Kapazitäten der Nachbarhütten, die oft voll gebucht waren, weshalb die Weitwanderer die Sillianer Hütte auch nicht ansteuerten konnten.
„Wir werden wohl mit einem blauen Auge davonkommen“, meint Pächter Peter Artner von der Proksch-Hütte. Der große Gastgarten wurde über den Sommer gut angenommen, allerdings fielen die Wandergruppen und die Kurgäste weg. Auch die Maskenpflicht wurde in der Gaststube relativ gut angenommen, wobei die Leute nun „nicht mehr so gern reingehen wie früher“, meint Artner. Im Herbst wird also neben dem Wetter auch die Stimmung in der Bevölkerung eine große Rolle spielen.