Ab sofort ist unsere brandneue Trekking-Karte für den Mount Kenya Nationalpark im Alpenvereins-Shop erhältlich - inklusive Begleitheft "Das Land um den Mount Kenya". Wie diese Karte entstanden ist und was sie (neben der Region) so außergewöhnlich macht, lesen Sie hier!
In einem außergewöhnlichen Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck haben unsere Kartografen neue Wege für die Alpenvereinskartografie eröffnet!
Im weitläufigen und teils unwegsamen Mount Kenya Nationalpark hat das 5-köpfige Team während mehrerer Kenia-Aufenthalte umfangreiche GPS-Daten gesammelt, mithilfe der Guides vor Ort fast vergessene Wege erkundet und das Ziel verwirklicht, das gesamte Wegenetz um den Mount Kenya zu erfassen und zu kartieren.
Nicht ganz alltäglich für Kartografen war der obligatorische Begleitschutz durch die bewaffnete kenianische Nationalparkverwaltung auf wenig begangenen Routen. So war man für unliebsame Begegnungen mit Elefanten, Löwen, Hyänen oder auch Wilderern gerüstet.
Das Resultat ist die jetzt vorliegende Alpenvereinskarte, die erstmals mit der Software ArcGIS Pro erstellt wurde. Diese hat es ermöglicht, den gesamten Prozess vom Satellitenbild zur fertigen Karte mit ein und demselben Programm durchzuführen. Aufgrund der vektorbasierten Daten können die Karteninhalte nun ohne Genauigkeitsverluste auf andere Maßstäbe skaliert werden.
Zentral in diesem neuen Projekt der Alpenvereinskartografie ist die Nutzung von modernsten Satellitendaten, um weltweit ohne Rücksicht auf Landesgrenzen oder Regionen Karten herstellen zu können. Die verwendeten Pleiádes-Satellitendaten liefern eine optische Bodenauflösung von 50 cm und können durch die spezielle Tri-Stereo-Aufnahmetechnik zur Ableitung eines Geländemodells und zur Herstellung eines Orthofotos verwendet werden. Somit stimmen Foto und Geländemodell zeitlich überein und bilden eine perfekte Grundlage für die Kartografie.
Aus dieser Datengrundlage werden Höhenlinien, Schummerung und Auswertungen zur Hydrologie generiert. Neben der bereits erprobten Darstellung der Schuttbedeckung werden in den Alpenvereinskarten erstmals auch die Fels-Bereiche automatisiert berechnet. Dies spart Zeit in der Erstellung und ermöglicht einen einheitlichen und ansprechenden neuen Stil.
In Verbindung mit weiteren Fernerkundungsdaten, freien Daten und der essentiellen Geländearbeit ist so die Trekking-Karte für den Mount Kenya entstanden.
Warum das Projekt in Kenia angesiedelt ist, liegt zu einen daran, dass das
Institut für Geographie der Universität Innsbruck eine längere
Forschungshistorie vor Ort aufweist und für den Bezug von Förderungen ein
außeralpines Gebiet gefordert war. Für unsere Kartografen ist der Mount Kenya zudem aufgrund der
Höhenlage, der schlechten Datenverfügbarkeit, der sehr vielfältigen
Vegetation und der hohen Reliefenergie ein optimales Gebiet, um
kartografisch zu forschen und die Möglichkeiten der Software auszuloten.
Ein weiterer Grund für die Wahl des Gebietes: Durch historische Ereignisse besteht eine enge Verbindung
zwischen dem Alpenverein bzw. einigen österreichischen Bergsteigern und dem Mount Kenya. Hier sei
an die einzigartige Rettungsaktion um Dr. Gert Judmaier und an die
Errichtung des "Austrian Hut" (siehe Foto unten) erinnert.
Organisatorische und logistische Herausforderungen machten das Projekt dann deutlich spannender als geplant: So war das Team mit bürokratischen Hürden beim Beantragen der Forschungsgenehmigung konfrontiert, die ortsansässigen Guides und Träger waren abseits ihrer gewohnten Route selbst auf Neuland unterwegs und mussten erst auf das Abenteuer der Wegsuche eingeschworden werden, Securities mussten auf halbem Weg umdrehen, um elefantentaugliche Gewehre zu beschaffen, außerdem mussten die Kartografen sich auf die meist fehlende Stromversorgung am Berg und die fast anhaltend dichte Bewölkung auf den Satellitenbildern einstellen.
Viele außeralpine Expeditionskarten sind in den vergangenen
Jahrzehnten durch Einzelprojekte entstanden und bereichern das Kartenwerk des Alpenvereins bis heute
sehr. Im Sommer 2016 konnte diese Tradition erfolgreich fortgesetzt werden.
Ziel des Geländeaufenthaltes in Kenia waren die flächendeckende
Aufnahme aller relevanten Routen inklusive der bestehenden Infrastruktur rund um das Mount-Kenya-Massiv mittels
hochgenauer GPS-Geräte sowie Treffen und Absprachen mit den
Projektpartnern vor Ort. Die Begleitung durch die Nationalparkranger des Kenya Wildlife
Service (KWS) ermöglichte eine qualitätsgesicherte
und umfassende Geländearbeit, die als Alleinstellungsmerkmal für die
resultierende Karte gelten kann.
Die neue Alpenvereinskarte soll dazu dienen, das Bergsteigen in dieser wilden, aber wunderschönen Landschaft zu erleichtern. Auch könnte die Karte dazu beitragen, dass der Trekking-Tourismus, der für viele Einheimische als Lebensgrundlage dient, an Bedeutung gewinnt und somit einen Beitrag zur endogenen Entwicklung der gesamten Region leistet. Ein weiterer positiver Effekt des Projekts: Zur besseren Orientierung hat der Alpenverein Wegnummern eingeführt, die künftig auch das Notfallmanagement vor Ort erleichtern sollen.
Fast nebenbei haben die erhobenen Daten eine wissenschaftliche Arbeit über den mittlerweile in zwei Teile zerbrochenen Lewis-Gletscher ermöglicht.
Judith Walder, die Autorin des Begleitheftes zur Alpenvereinskarte (s.u.), hat einige Besonderheiten des Gebietes um den Mount Kenya für unsere LeserInnen zusammengefasst:
Die weitgespannten Rumpfflächen des kenianischen Hochlandes wurden von einem tiefen Grabensystem, dem Ostafrikanischen Rift Valley, in einen östlichen und westlichen Teil "zerrissen". Etwas abseits der östlichen Grabenschulter und ca. 15 km südlich des Äquators thront über der Szenerie die höchste Erhebung des Landes und das zweithöchste Bergmassiv Afrikas – der über zwei Millionen Jahre alte Mount Kenya-Vulkan.
Lava-Gipfel und Gletscher
Die verwitterten Reste der zuletzt im Schlot erstarrten Lava bilden die drei höchsten Gipfel des Mount Kenya: Landschaftlich reizvolle und verschiedenartige Trekkingrouten führen bis zum Point Lenana (4.985 m), anspruchsvollere Kletterrouten zu den beiden Hauptgipfeln Batian (5.199 m, Erstbesteigung 1899) und Nelion (5.189 m, Erstbesteigung 1929). In den Karen, an den Hängen und in Mulden zwischen ihnen liegen noch neun von ehemals 18 Gletschern.
Kenia: Land der Gegensätze
Kenia ist mit 591,971 km² etwa sieben Mal so groß wie Österreich und Heimat von rund 48 Millionen Menschen. Die Bevölkerung wächst schnell und allein in der Hauptstadt Nairobi leben heute mehr Menschen (> 4,3 Mio.) als noch vor hundert Jahren im gesamten Land.
Die imposante Vielfalt und die großen Gegensätze, die Kenia landschaftlich und kulturell prägen – die tropische Küste und das vergletscherte Hochgebirge, alte Rumpfflächen und der viel jüngere vulkanische Formenschatz, ausgedehnte, wildtierreiche Savannen und jadefarben schimmernde Seen, die mondäne Großstadt Nairobi durchwuchert von unkontrollierten Siedlungen, rasantes Wachstum und notorische Unterentwicklung, zahlreiche ethno-linguistische Gruppen und sozio-kulturelle Lebensweisen u.v.m. –, machen das ostafrikanische Land zu einem eindrucksvollen Reiseland.
Ausgabe: 2018, GPS-tauglich (UTM)
Auf der Vorderseite wird neben einer Übersichtskarte im Maßstab 1:500.000 der gesamte Nationalpark des Mount Kenya auf einer Orthophotokarte im Maßstab 1:50.000 dargestellt. Die Rückseite zeigt die Gipfelbereiche rund um den Batian und den Rutundu im Maßstab 1:25.000. Inklusive Begleitheft "Das Land um den Mount Kenya".*
Höhenlinienabstand: 20m
Anzahl der Farben: 4
Format des Karteninhalts: 88cm x 76cm
Gletscherstand: 2017
Kartengrundlagen: Airbus Pléiades Tri-Stereo Bilder, teilweise ergänzt durch Google Maps. Diese Karte entstand in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck im Rahmen eines Forschungsprojektes.
Die rötliche Farbgebung der 25.000er-Darstellung soll das Farbspektrum der Landschaft widerspiegeln und gleichzeitig die Sonderstellung im Portfolio der Alpenvereinskartografie zeigen.
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*) Beiheft:
Das Heft will dem Gipfelblick etwas vorgreifen und bietet einen geographischen Überblick über das gesamte Land. Dementsprechend ist sein Titel "Land um den Mount Kenya" in einem erweiterten Maßstab aufzufassen. Es ist kein Reiseführer im herkömmlichen Sinn, vielmehr kann es als eine ergänzende oder vertiefende Lektüre betrachtet werden.
Es soll dazu anregen, sich Kenia nicht nur anzuschauen, mit Bildern zu dokumentieren und in Post an die Lieben zu beschreiben, sondern das Gesehene zu verstehen, einzuordnen und zu hinterfragen.
Dafür stellt das Heft Hintergrundwissen bereit, das den eigenen Blick schärfen kann. Es geht auf Besonderheiten der Landschaft, des Reliefs, der Niederschlagsverteilung und Vegetationsgliederung ein und verdeutlicht wichtige Zusammenhänge zwischen den Naturphänomenen und den z. T. durch sie beeinflussten demographischen, soziokulturellen und wirtschaftsräumlichen Entwicklungen.
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Die Alpenvereinskarte ist zum Preis von € 10,90 (€ 14,80 für Nichtmitglieder) im Alpenvereins-Shop erhältlich.