Kufstein, die Stadt, und Kufstein, der Berg: Was hat es mit dem Namen der beiden geografisch entfernten Orte auf sich?
Dieser Artikel ist im Bergauf #3.2022 erschienen.
Walter Bastl, Alpenverein Haus im Ennstal
Mein Interesse, der Bezeichnung „Kufstein“ nachzuspüren, wurde vom Alpenverein der Stadt Kufstein geweckt, der aus dem Bergauf entnommen hatte, dass auf einem Berg namens „Kufstein“ jährlich eine Bergmesse gefeiert werde. Schon ein Jahr später überzeugten sich 30 Alpenvereinsmitglieder der Sektion Kufstein von der Existenz des Berges Kufstein und wurden auf dessen Gipfel von mir und weiteren Vertretern des Alpenvereins Haus im Ennstal begrüßt.
Chuofa (ahd.), kuofe (mhd.), kufe (nhd.) – die Kufe steht für Fass. Der zweite Teil des Stadtnamens erklärt sich von selbst. Die erste Erwähnung des Namens finden wir 788 als „die Kirche zu Caofstein“, die damals noch zu Bayern gehörte. Weitere Bezeichnungen nach 924 reichten von Kuofstein, Chuifstein, Chofstein oder Kifstein bis Kopfstain1. Von letzterer könnte sich Kufstein auch herleiten. Das würde die Bezeichnung des Berges Kufstein jedenfalls erklären. Hans Treichl hält 2012 in Kufstein: Bayerns Glanz – Perle Tirols (2012) fest, dass „für eine Bergkuppe sehr häufig das Wort ‚Kopf‘ verwendet wird. […] Für Kopfstain spricht, dass die erste urkundliche Erwähnung am ungezwungensten darauf zurückzuführen ist.“ Auch der Berg Kufstein entspricht in seiner Form einer Kuppe, einem etwas abgeflachten Kopf.
Der steirische Historiker Günter Cerwinka meint in einer Nachricht an mich dazu: „Die Ableitung des Stadtnamens von Kopf ist einleuchtend und würde auch für den Berg Kufstein passen. Die Nennung des Bergnamens bei Göth spricht wieder für eine Ableitung von Kufe. Mir fällt dazu noch das Wort ‚Gupf‘ ein. Nur mit Horstein (wie auf der Josephinischen Karte von 1780) kann ich gar nichts anfangen.“ Horstein könnte eine mundartliche Bezeichnung sein, die vielleicht auch nur von den kaiserlichen Landvermessern falsch verstanden worden ist.
Der Grazer Sprachwissenschaftler Fritz Lochner von Hüttenbach hält unter Verweis auf Karl Finsterwalder2 fest: „[Dieser] deutet den Tiroler Ortsnamen Kufstein und auch den steirischen Bergnamen aus dem Deutschen und stellt ihn zum Wort Kufe – ‚Bottich‘ (mhd. kuofe). Es ist in beiden Fällen der Name eines Felsberges, der tatsächlich einem umgestürzten Bottich, einer Kufe, ähnlichsieht.“3 Also doch eine enge Verbindung zwischen Kufstein und Kufstein, Stadt und Berg!
Jedenfalls nennt Georg Göth4 den Berg in seinem 1843 herausgegebenen Lexikon bereits Kuefstein. Darauf könnte auch die Franzisco-Josephinische Landesaufnahme 1870 zurückgegriffen haben. Der Kufstein wurde darin erstmals in einem Kartenwerk richtig eingezeichnet. Ebenso verwenden die Führerwerke von Georg Geyer5 1886 und Alfred Radio-Radiis6 1922 diese Bezeichnung. Doch erst 1974 beschreibt Willi End in seinem Alpenvereinsführer Dachsteingebirge eine eigene Wanderroute auf den Berg.
1) Biasi, Franz: Kufsteiner
Buch, Beiträge zur Heimatkunde von Kufstein und Umgebung, Bd. 2. 1958.
2) Finsterwalder, Karl: Tiroler
Ortsnamenkunde. Gesammelte Aufsätze und Arbeiten. Hrsg. v. H. M. Ölberg und
N. Grass. Bd. 2. Innsbruck 1990, S.451-452.
3) Lochner von Hüttenbach, Fritz: Brief an den Verfasser. Graz, 9. März 2020.
4) Göth, Georg: Das Herzogthum
Steiermark: geographisch-statistisch-topographisch dargestellt und mit
geschichtlichen Erläuterungen versehen. 3.Bd.Judenburger-Kreis. Graz 1843.
5) Geyer, Georg: Führer durch
das Dachsteingebirge und die angrenzenden Gebiete des Salzkammergutes und Ennsthales.
Wien: Lechner, 1886.
6) Radio-Radiis, Alfred: Führer
durch das Dachsteingebirge und die angrenzenden Gebiete. Wien. Artaria
1922.