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Die großartigen Gebirgslandschaften im südlichen Teil Oberösterreichs sind arten- und formenreich. Die Wurzeralm im Bergparadies Warscheneck stellt eine der bekanntesten Kulissen dar und besticht durch seinen hochwertigen Naturschatz.
Wir erreichen die Wurzeralm mittels der Standseilbahn oder über einen der Wanderwege und es ist ein wahrhaft großartiger Anblick, der uns erwartet: Gleich einer Arena liegt der Teichlboden unter uns, umgeben von zahlreichen Gipfeln. Der Stubwieswipfel im Osten, die Felsaufbauten vom Toten Mann, der Warscheneckgipfel mit 2388 m. Vorgelagert liegt der Ramesch, ein frei stehender Felsriedel, der das Brunnsteinkar vom Frauenkar trennt. Weite Teile dieser einzigartigen Gebirgslandschaft sind als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.
Die höher gelegenen Bereiche des Kalkgebirges sind stark verkarstet und an der Oberfläche weitgehend gewässerfrei. Das Wasser dringt durch unzählige Spalten, Klüfte, Dolinen und Schlünde ins Berginnere und fließt unterirdisch ab. Der Begriff „Karst“ bezeichnet einen steinigen, unfruchtbaren Boden und bedeutet wasserloses Gebiet. Dennoch entspringt inmitten dieses Karstgebiets auf 1.422 m die Teichl. Dieses Phänomen wird durch das Vorkommen der Gesteinsformation von Haselgebirge, einem Gemenge von Steinsalz, Gips und Ton, ermöglicht.
In einer Hochmulde unweit vom Teichlursprung liegt der Brunnsteiner See. Vermutlich am Ende einer Wärmezeit vor etwa 5000 Jahren, begann der See mit Seggen und Torfmoosen zu verlanden, während am höheren Rand die Entwicklung der beiden Filzmöser einsetzte. Sie zählen neben dem Löckenmoos in Gosau zu den höchstgelegenen und wissenschaftlich interessantesten Hochmooren der Nördlichen Kalkalpen. Beide Gebiete lassen sich im Zuge der NATURSCHAUSPIEL-Exkursionen „Bergparadies Warscheneck“ mit Martha Rieß bzw. „Naturerlebnis Löckenmoos“ mit Bettina Jehle erkunden.
Lebende Hochmoore
Die beiden Filzmöser werden ausschließlich von Niederschlägen gespeist, nur im Randbereich besteht Grundwassereinfluss. Doch die Torfschicht isoliert die auf ihr wachsenden Pflanzen vom mineral- und nährstoffreichen Grundwasser. Dank der Torfmoose (Sphagnum spp.) kann der Moorkörper große Mengen an Regenwasser speichern, das er im Bedarfsfall langsam wieder an seine Umwelt abgibt, denn der Sauerstoffmangel und ein hoher Säuregrad im ständig feuchten Boden, hemmen die Zersetzung von abgestorbenen Pflanzenteilen. So werden große Mengen an Kohlendioxyd gebunden.
In den kleinen Aufwölbungen der Torfmoose, die man Bulte nennt, finden wir eine ganz besonders betörende Pflanze: den Rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotundifolia). Sie ist eine fleischfressende Pflanze, die sich kaum mit den Wurzeln versorgt. Stattdessen bildet sie an den rundlichen Fangblättern rund 200 haarfeine rötliche Tentakeln aus, die ein klebriges Sekret ausscheiden das zum Fang von Insekten dient. Meist sind es kleine Mücken oder Fliegen, die sich in den Tentakeln verfangen und sich nicht mehr befreien können.
Aufgrund der wenigen Pflanzen, die an diese schwierigen Lebensbedingungen angepasst sind, finden wir auf der Wurzeralm auch verschiedene außergewöhnliche Arten von Schmetterlingen. So ernährt sich die Raupe des Moosbeerenspanners (Carsia sororiata) ausschließlich von der Gewöhnlichen Moosbeere und auch der Hochmoor-Perlmutterfalters (Boloria aquilonaris) weiß diese Nahrungsquelle zu schätzen. Eine dritte Art, die aber auch verwandte Heidekrautgewächse (Ericaceae) befrisst, ist der Hochmoor-Bläuling (Plebejus optilete).
Artenreiche Niedermoore
Den größten Teil des Teichlbodens bilden artenreiche Niedermoore und Feuchtwiesen, in denen wir eine Vielzahl an geschützten Blumen finden können. Gleich nach der Blüte der Sumpfdotterblumen blühen büschelweise Trollblumen (Trollius europaeus) in einem intensiven gelb. Daneben finden wir unterschiedliche Knabenkrautgewächse (Dactylorhiza) in den verschiedensten Schattierungen von purpurrot, pinkfarben bis dunkellila. Eine typische Pflanze der Niedermoore ist das Schmalblättrige Wollgras (Eriophorum angustifolium), dessen Blütenstand aus drei bis fünf teils lang gestielten Ährchen besteht. Der Fieberklee (Menyanthes trifoliata) fällt durch seine zarten, weißen Blüten auf. Erwähnenswert ist außerdem der Alpen-Schnittlauch (Allium schoenoprasum), der auf den vernässten, quellnassen Hängen der Wurzeralm üppig gedeiht. Bei näherem Hinsehen entblößt er seine hinreißende Schönheit – und nachdem es sich um eine wertvolle Bienentrachtpflanze handelt, kommen wir in den Genuss, Hummeln und Schmetterlinge zu beobachten, die diese reichhaltige Nektarquelle gerne anfliegen.
Besonders anziehend ist das Sumpfherzblatt (Parnassia palustris), deren Kronblätter das Sonnenlicht fokussieren. Im Brennpunkt, in Griffelnähe, sind die Temperaturen tatsächlich höher als außerhalb. Kein Wunder, dass Insekten an kalten Tagen gerne diesen Platz zum Aufwärmen aufsuchen und dabei gleichzeitig die Bestäubung durchführen. Zu den Spätblühern gehört die Herbstform des Deutschen Fransenenzians (Gentianella germanica). Diese Pflanze kann leichten Frost aushalten und dient daher als Nahrungsreserve für Insekten.
Zu jeder Jahreszeit lassen sich unzählige Besonderheiten, Landschaften, Tiere und Pflanzen ausmachen – sei es auf der Wurzeralm selbst, am Teichlboden oder rund um den Brunnsteiner See. Außerdem bietet NATURSCHAUSPIEL den Besuch der 1000-jährigen Zirbe im größten Lärchen-Zirbenurwald der Nördlichen Kalkalpen oder die Erkundung des Wilden Karstgebirges an. Weitere Informationen und die Anmeldung zur Teilnahme unter www.naturschauspiel.at .
Martha Rieß ist seit vielen Jahren Tourenführerin im Österreichischen Alpenverein, außerdem stellvertretende Naturschutzreferentin im Oö. Landesverband und Mitglied des Nationalpark-Kalkalpen-Kuratoriums. Als NATURSCHAUSPIELERIN (ent-)führt sie ins Bergparadies Warscheneck in 5 Varianten – im Sommer und im Winter mit Schneeschuhen. Weiters können Sie mit ihr das „Reich des Steinadlers“ besuchen oder die märchenhafte Schönheit des Löckenmooses in Gosau erleben.
Text und Fotos: Martha Rieß