Kletterfahrt ins Blaue - Peilstein
Susi klettert an der Vegetarierkante
Was schreibt ein weiser Sportkletterreferent als Ziel für einen Kletterausflug, der 9 Monate in der Zukunft liegt, ins Jahresprogramm? Genau. Gar keines. Und abgeklärte Sportkletterer akzeptieren das, weil sie wissen, dass praktisch in jeder Himmelsrichtung, sowohl nördlich als auch südlich des Alpenhauptkamms, lohnende Felsen zu finden sind und die Wettersituation das Ziel spontan bestimmt. In der Zwischenzeit kann dafür jeder von Italien mit Pizza und Spinatknödeln, dem Frankenjura mit Streuselkuchen und Schäufle oder Südfrankreich mit Weißbrot und Weichkäse träumen. Wovon träumt man allerdings, wenn die Kletterreise dann in den Osten Österreichs führt?
Der Corona Lock-down hätte der Fahrt ins Blaue beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aufgrund der großen Zahl an frühen Interessensbekundungen einerseits und der Ankündigung des Alpenvereins, bis Ende Juni alle Veranstaltungen abzusagen, gab es keine extra Ausschreibung bzw. Erinnerung an die Kletterfahrt mehr, und so war die Zahl der Kletterer bis eine Woche vor Abfahrt völlig unbestimmt bzw. auf zwei gesunken. Schlussendlich füllten dann aber doch fünf Sektionsmitglieder völlig coronakonform die Plätze im Sportklub-Bus und tuckerten Freitag früh morgens um 5 Uhr Richtung Wien, ins Traditionsgebiet Peilstein.
Der Peilstein kann mit Fug und Recht als eine der Wiegen des österreichischen Alpinismus bezeichnet werden. Praktisch alle Großen der goldenen Ära des Wiener Bergsteigens (und davon gibt es etliche) haben hier ihre Spuren hinterlassen. Ab den siebziger und achtziger Jahren setzten die Felsen südwestlich von Wien auch in puncto Freiklettern österreichweit Maßstäbe und es war in den damaligen Alpinzeitschriften viel von neuen schweren Routen und gesteigerten Schwierigkeiten im Wiener Raum zu lesen. Dass es in den letzten Jahren eher ruhig um den Peilstein geworden ist, liegt wohl daran, dass das technisch anspruchsvolle Platten- und Wandklettern bei den Jungen zu Gunsten der modernen athletischen Klettergebiete an Attraktivität verloren hat. Die verblüffend harte Bewertung, die sogar einem Weißbach-erprobten Sportkletterer Respekt abfordert, tut dann noch das ihrige. Was man aber auf jeden Fall erwähnen muss: die Wiener Kletterszene unserer Tage hat sich in höchstem Maß um das Klettern am Peilstein verdient gemacht und ausnahmslos alle Routen hervorragend mit Klebehaken und soliden Standketten saniert. Angesichts der etwa 850 Routen des Gebiets eine wahre Sisyphosarbeit!
Äußerst angenehm im Peilsteinhaus untergebracht, verbrachte die Klettergruppe dann drei "heiße" Tage an den südwest bis nordost ausgerichteten Felswänden zu deren Füßen. Die halbstündige Gepäckschlepperei vom Parkplatz zur Unterkunft wurde durch den maximal 10-minütigen Zustieg zu den Felsen an den folgenden Tagen mehr als ausgeglichen. An jedem einzelnen Tag wurde geklettert, was das Zeug hielt, bzw. soweit das die Kraft und der Hautzustand zuließen.
Und wovon kann der Kletterer nun träumen, wenn er an den Peilstein denkt? Auf jeden Fall von einer praktisch ausnahmslos traumhaften Felsqualität, von exzellenter, einfacher österreichischer Hausmannskost, von Hainfelder Bier und Most.
Herzlichen Dank an den Sportklub Leogang für das unkomplizierte Zur-Verfügung-Stellen des Busses und ein Dankeschön an die
Mammut Sportsgroup Austria für die Leihe der Führerliteratur zum Peilstein.