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OGH-Urteil zur Wegehalterhaftung

Zivilgerichtliche Verfahren zur alpinen Wegehalterhaftung sind (gottlob) relativ selten, sei es wegen der den Wanderern und Bergsteigern doch sehr bewussten Eigenverantwortung, sei es wegen des im allgemeinen recht guten Zustandes der von alpinen Vereinen mit großem Aufwand gewarteten Alpinwege.

OGH-Urteil zur Wegehalterhaftungzoom

Der tragische Unfall am sog. Trögerwandsteig im Jahr 2016 in Oberdrauburg hatte aber ein gerichtliches Nachspiel.

Was war geschehen?

Der Ehemann der Klägerin verunglückte am 22.7. 2016 bei einem Absturz vom Trögerwandsteig in Oberdrauburg tödlich; Ursache dafür war, dass das zur Versicherung des im Unfallbereich sehr ausgesetzten Steiges verwendete Seil der Zugkraft des Mannes nicht standhielt und beiderseits der Griffstelle abriss.

Die Klägerin begehrte von der zuständigen Gemeinde und von einem alpinen Verein (keine Sektion des ÖAV!), beide als Wegehalter, den Ersatz der Begräbniskosten, Trauerschmerzengeld, entgangenen Unterhalt und eine monatliche Rente; Gesamtstreitwert ca. € 110.000,--.

Das OLG Graz als Berufungsgericht bejahte die Wegehaltereigenschaft der beiden Beklagten und deren grobe Fahrlässigkeit betreffend den mangelhaften Zustand des Steiges dem Grunde nach und lastete dem Verunglückten ein Mitverschulden von einem Viertel an.

Der OGH bestätigte diese Rechtsansicht (2 Ob 16/21y) mit folgender Begründung:

Alle angelegten Wanderwege, alpinen Steige und versicherten Klettersteige sind Wege i.S. des § 1319a ABGB. Wird ein alpiner Weg eröffnet und u. a. mit Seilsicherungen versehen, so wird das Vertrauen erzeugt, dass dieser Weg mehr Sicherheit biete als das freie Gelände im Ödland. Die bei einem Klettersteig oder Kletterweg angebrachten Versicherungen gehören als „dem Verkehr dienende Anlagen“ zum Weg. Eine Wegsperre oder auch schon ein entsprechendes Warnschild hebt dieses Vertrauen auf!

Halter eines Weges ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und/oder Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Mithalter haften zur ungeteilten Hand, d.h. jeder haftet für den gesamten Schaden.

Die Mithaltereigenschaft wird jedenfalls durch die vertragliche Übernahme der Instandhaltung hergestellt. Das bloße Interesse am Bestehen eines Weges – weil er z.B. für den Tourismus in einer Gemeinde von Bedeutung ist – begründet die Haltereigenschaft hingegen noch nicht. Allerdings kann auch ohne vertragliche Vereinbarung, also schlüssig, eine Mithaltereigenschaft entstehen.

Der Trögerwandsteig wurde um das Jahr 1900 von einem alpinen Verein angelegt, womit dieser Wegehalter wurde. Entlang des Weges befanden sich zum Unfallszeitpunkt mehrere Wegweiser-Schilder zu den sog. Trögerwandhöhlen, dies offenbar mit Wissen und Billigung des alpinen Vereines; dessen Namen auf den Schildern sah der OGH als weiteres Indiz für dessen Haltereigenschaft. Es gab keine Anhaltspunkte, dass der Verein diese Haltereigenschaft jemals verloren hat.

Die erstbeklagte Gemeinde (Oberdrauburg) betreute den Trögerwandsteig in den letzten Jahren faktisch: Immer wieder wurde der Steig durch Mitarbeiter der Gemeinde „ausgeputzt“ und erneuert. Somit wurde die Gemeinde durch diese Sanierungs- und Wartungsmaßnahmen schlüssig (konkludent) Mithalter dieses Wanderweges, ohne dass es einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem alpinen Verein bedurft hätte!

Die Seilsicherungsanlage wies im Unfallsbereich schwere Mängel auf und war in einem äußerst schlechten Zustand. Es wurde völlig ungeeignetes Material verwendet – nicht UV-beständiges Polypropylen - , das darüber hinaus völlig unzulänglich – absolut nicht dem Stand der Technik entsprechend - fixiert wurde. Die Steiganlage wurde im Bereich der Unfallstelle von nicht fachkundigen Personen mit ungeeigneten Materialien abgesichert und mangelhaft gewartet. Auch eine fachlich weniger informierte Person hätte diese Mängel erkannt. Diese Mängel waren auch verantwortlichen Vertretern der Gemeinde bekannt, der alpine Verein kümmerte sich schon seit Jahren nicht mehr um den Weg.

Dieses Verhalten der beiden Beklagten hat der OGH – wie schon das OLG Graz - als grobe Fahrlässigkeit qualifiziert: Eine auffallende Sorglosigkeit, bei der die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist; dies insbesondere dann, wenn der Wegehalter die Gefährlichkeit einer bestimmten Stelle des Weges kannte und eine zumutbare Behebung unterblieb.

Was folgt aus diesem Urteil?

Die Bewertung der mangelhaften Wartung als grobe Fahrlässigkeit ist nicht zu beanstanden (Bei leichter Fahrlässigkeit – also bei einem minderen Grad des Versehens - hätten die Wegehalter gemäß dem Haftungsprivileg des § 1319a ABGB nicht gehaftet).

Die Mithaftung des alpinen Vereines ist hart, aber nachvollziehbar! Es hätte einer klaren Erklärung bedurft, dass der Verein nicht mehr Halter des Weges ist:

Wegsperre; oder Anbringung entsprechender Hinweisschilder; oder Abbau der vorhandenen – mit dem Namen des Vereins versehenen – Wegweiser; oder ausdrückliche bzw. schlüssige Vereinbarung mit dem nachfolgenden Wegehalter (Gemeinde) über die Übertragung der Haltereigenschaft.

Empfehlung an alle Sektionen:

Stellt Nachforschungen an, ob in euren Verantwortungsbereichen ähnliche Situationen bestehen: Schon längst vergessene, vor Jahrzehnten erfolgte Weganlegungen mit alter Beschilderung, auch wenn sie nicht mehr im Kärntner Bergwegeverzeichnis aufscheinen (-auch der Tröberwandsteig war dort nicht verzeichnet!-), deren Haltereigenschaft nie ausdrücklich oder schlüssig aufgegeben wurde. Sollte es solche Wege geben, entfernt alte Schilder (Wegweiser), bringt stattdessen Tafeln an, dass die Wege nicht mehr von euch gewartet werden, weil ihr nicht mehr Wegehalter seid, teilt dies auch der zuständigen Gemeinde mit dem Ersuchen um ortsübliche Verlautbarung mit; und verlautbart dies auch in euren Mitteilungsblättern (Newsletter, Homepage).

Achtet bei euren Wegen besonders auf Einbauten wie Seile, Haken, Brücken, Stege, Geländer, künstliche Trittstufen, Handgriffe usw. Ein Wegebenützer kann im allgemeinen darauf vertrauen, dass solche Einbauten auch „halten“. Auch allzu lange – viele Monate oder gar Jahre! - nicht sanierte Wegabrutschungen können bei Unfällen auch rechtlich „gefährlich“ werden, nebst den bösen Folgen für die Geschädigten! Saniert solche Gefahrenstellen fachlich einwandfrei möglichst bald – oder sperrt den Weg vorübergehend!

Damit seid ihr rechtlich auf der sicheren Seite!

Dr. Werner Radl

Vorsitzender

 
 
 

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