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(M)Eine Wanderung ans Ende der Welt - Klara (28):

Zart klopfend meldete sich über Jahre immer wieder mal eine Idee bei mir. Ich könnte doch einfach meine Sachen packen, irgendwo hinfliegen und dort dann wochenlang alleine (weit-)wandern. Meine Vorstellung bezog sich (vorerst) auf eine Unternehmung ohne Zelt, mit ausreichend Verpflegung vor Ort und gut markiertem Wegesystem. Quasi ein Weitwandern „light“ – ohne Sorgen, unterwegs verhungern oder verdursten zu müssen 😉. Nachdem die Idee sich als immer hartnäckiger und drängender erwies, befand ich Juli/August 2022 als den idealen Zeitpunkt um mein Abenteuer umzusetzen.

Los geht’s!

Der Plan

Von der französisch-spanischen Grenze in Irun startend, entlang der Nordküste Spaniens bis zum Kap Finisterre zu wandern, das habe ich mir vorgenommen. Ich folge dabei zunächst dem Camino del Norte, einem gut markierten Pilgerweg in Spanien, auch bekannt als einer der „Jakobswege“. Später würde ich eventuell auf den Camino Primitivo wechseln und über Santiago de Compostella nach Fisterra gelangen. Da ich nicht wusste, wie viele Kilometer ich pro Tag tatsächlich schaffen würde, habe ich großzügig kalkuliert und erst einmal etwa 7 Wochen für diese Tour veranschlagt. Immerhin gilt es etwa 1.000 Kilometer und 20.000 Höhenmeter zu überwinden…

Die Vorbereitung

In der Vorbereitungszeit habe ich mir viele Gedanken über meine Packliste gemacht. Ich habe versucht, so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich mitzunehmen um leicht und flexibel sein zu können. Sowohl der Untergrund (Asphalt, Sand, Waldboden, Stein, Pfad, Wiese, …) als auch das Wetter (sonnig, neblig, regnerisch zwischen 15° und 42°(!)) sind im Norden Spaniens sehr variabel! Schlussendlich habe ich einen 35l Rucksack verwendet, der nicht ganz voll war 😊

Der Start

Nach einiger Zugverspätung kam ich abends gut in Irun an. Zunächst einmal wollte ich noch am ersten Abend von der Unterkunft bis zur französisch-spanischen Grenze gehen, um von dort aus „offiziell“ zu starten. Gut gelaunt schlendere ich in meinen Flipflops los – und stelle nach einer Weile fest, dass das hin und retour dann doch stolze 5km sind. Dennoch – einmal kurz über die Grenze gehüpft und wieder zurück in der Unterkunft verbringe ich eine unruhige erste Nacht in einem 16-Bett Zimmer voller schnarchender Mitpilger. Die laut aus den installierten Lautsprechern tönende musikalische Tagwache um 06.00 Uhr morgens schließt meine erste Erfahrung mit öffentlichen spanischen Pilgerherbergen rund ab.

Wo muss ich hin und wie schaffe ich es nicht verloren zu gehen?

Ich kann das klassische gelbe Büchlein empfehlen, den Wanderführer vom OUTDOOR Verlag „Spanien: Jakobsweg Küstenweg“ von Raimund Joos.

Zudem gibt es mittlerweile eine grandiose App „Buen Camino“. Falls du mit dem Gedanken spielst, auch einen der Jakobswege in Spanien zu gehen und die App benutzen zu wollen, bedenke vielleicht, dass die App auf Spendenbasis funktioniert und du für ein hardcopy Buch ohne GPS etwa €20 bezahlst. 😊

Für kleinere Abstecher direkt an die Küste oder auf nahe gelegene Hügel hat sich die Bergfex App bewährt!

Unterwegs – oder: was lernen Weitwanderer besonders zu schätzen?

Ich hatte, verteilt über 5 Wochen, die interessantesten Duscherlebnisse. Angefangen bei „nur Heißwasser“ an einem Tag mit 38 Grad Außentemperatur, bis hin zu „nur Kaltwasser“ an einem regnerischen Tag mit 16 Grad Außentemperatur, über „Öko-Duschen“, die immer nur 5 Sekunden Wasser laufen ließen und „einfach drucklos“, bei denen das Wasser zwar tröpfelte, aber kein ordentliches „Duscherlebnis“ zustande kam. Dementsprechend lernt man als Pilgerin Warmwasser, stabilen Wasserdruck und Temperaturregler sehr zu schätzen. 😉

In der öffentlichen Pilgerherberge in San Vicente de la Barquera hatte ich das wohl stärkste Geruchserlebnis. An besagtem Tag hatte es morgens leicht genieselt, tagsüber kam die Sonne nicht wirklich zum Vorschein. Deine Sachen, die seit 11 Tagen keine Waschmaschine (nur Handwäsche) gesehen haben, sind also zusätzlich zum Schweißgeruch ein bisschen feucht, klamm, kalt. Jetzt stell dir vor, du bist in einem Zimmer mit insgesamt 16 Betten untergebracht, und alle Mitpilger versuchen, ihre Sachen irgendwie durch aufhängen und lüften in diesem Zimmer zu trocknen. Die Konsequenz: In dieser Nacht wurde ich das erste und einzige Mal (!) von Gestank munter.

Im Nachhinein ist mir dieses Erlebnis allerdings wirklich gut in Erinnerung. Zum einen führte es zu Lachanfällen mit anderen Pilgern, während man versucht die Art und Intensität des Gestanks zu beschreiben, die einen in diesem Zimmer heimgesucht hatte. Zum anderen wusste ich frische Luft noch nie so sehr zu schätzen als am folgenden Morgen, als ich die Pilgerherberge früh verlies und tief und kräftig die Luft einsog, die wunderbar nach Meer, Frische und Sonnenaufgang roch. 😊

Außerdem ganz klar – das spanische Essen. Nachdem schnell klar wurde, dass weder in den öffentlichen noch in den privaten Pilgerherbergen eine Küche zur Verfügung stand (Post-COVID-Phänomen), steigt man als Pilgerin schnell auf das Essen in den zahlreichen spanischen Cafés und Restaurants um. Und ich sage euch – die spanische Küche ist unfassbar lecker. Ich habe so gut wie alles probiert, was man typisch auf der Speisekarte findet. Besondere Erwähnung finden natürlich die Tapas (kleine Häppchen unterschiedlichster Art), die man sich am besten mit einer Gruppe von Mitwanderern teilt (zB Piementos de Padron und Meeresfrüchte jeglicher Art, …). Ganz besonders lecker fand ich die Fabada Asturiana, eine Bohnensuppe, die jeder Koch ein bisschen anders zubereitet – und Pulpo (Oktopus)! Egal ob gekocht oder gegrillt.

Wichtig noch zu erwähnen: Spanien befindet sich (fast) in einer anderen Zeitzone. Deshalb öffnen die Restaurants abends erst um 20.00 Uhr. Das ist erst einmal eine große Umstellung, wenn du als hungrige Pilgerin um 18.00 Uhr mit großen Augen vor diesem Schild stehst: „We start Dinner Service at 8pm“…

Weitwanderer – woran man sie erkennt

Auch wenn man es glaubt – Weitwanderer sind nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar. Denn es gibt sie klein und groß, füllig und schlank, mit viel, wenig und viel zu viel Gepäck, organisiert und absolut planlos, und sie kommen aus allen Ecken dieser Welt. Und gerade diese Vielfalt ist es, die die gemeinsamen Gespräche am Weg oder in den Pilgerherbergen so wertvoll gestalten. Wenn man alleine unterwegs ist, wie ich, hat man immer die Wahl, einen Tag oder auch nur ein paar Stunden Gesellschaft anzunehmen oder einfach seinen Weg nur für sich zu gehen.

Der (Alp)Traum

Ich bin auf meiner Wanderung meistens noch im Dunkeln aufgestanden, und habe die ersten Kilometer im Dunkeln zurückgelegt. Wenn man nach und nach die ersten Veränderungen am Himmel beobachtet, wie der Nebel aufsteigt, sich das schwarz in ein dunkelblau, hellrosa, orange und schließlich in die schönsten Sonnenaufgänge verwandelt, während man barfuß ganz alleine an einem Strand steht, oder auf einem Aussichtspunkt über das Meer blickt… Das Gefühl kann man kaum beschreiben. Die Küste und Strände Spaniens bleiben mir besonders in Erinnerung – traumhaft.

Abseits des Weges gibt es viele zusätzliche Abenteuer 😊 Ob in Santona die 763 Stufen zum Leuchtturm zu gehen, in Bilbao nicht die Schwebefähre zu nehmen sondern in 40m Höhe über den Fluss zu balancieren, vor der Wahl stehend sich IMMER für die Küstenroute zu entscheiden, fangfrische Meeresfrüchte direkt am Fischstand in Santiago zu probieren, vor Deba dem Umweg zu gehen um „Flysch“ zu sehen, Queimada zu bestellen, auf das Dach der Kathedrale in Santiago zu steigen…

Mein persönlicher Alptraum hingegen waren die schier endlosen Asphaltpisten, über die man sich als Pilgerin teilweise quälen muss. Der Tipp einer Mitpilgerin: „Einfach nie nach oben schauen. Dann siehst du nicht, wie weit es noch ist.“ Manche davon waren allerdings so steil, dass man sich gefühlt aktiv nach vorne lehnen muss, um nicht nach hinten umzufallen 😉 – vielleicht spielten bei der Einschätzung des Neigungsgrades allerdings auch die damaligen 40°C im Schatten mit…

Das Ziel

Am vorletzten Tag begann es zu regnen. Und zu stürmen. Und es wurde kalt. Von einem Tag auf den anderen konnte ich das Meer nicht mehr sehen. Und dann war ich am Ende der Welt angekommen. Ich hatte jedes einzelne Kleidungsstück am Körper, als ich den letzten Meilenstein am Kap Finisterre passierte und mich so weit es nur ging direkt ans Meer auf einen Felsen setzte. Ich blieb drei Tage in Finisterre, harrte dem Wetter, das meine Laune täglich aufs Neue herausforderte…

Doch dann – der letzte Abend, und die Sonne kam zurück – mit voller Kraft! Wir waren eine Gruppe von Pilgern, und verabredeten uns für ein Picknick am Stand mit Blickrichtung Westen. Ein Schweizer in der Gruppe hatte ein Fondue mitgebracht – den ganzen Weg von der Schweiz bis ans Ende der Welt! Der Sonnenuntergang an diesem Abend war ein wunderschönes und befreiendes Ende meiner Reise.

Das sportliche Fazit

Zum Schluss hatte ich über 33 Wander-Tage verteilt einen sauberen Schnitt von exakt 30km pro Tag - insgesamt die 1.000 Kilometer-Marke also ziemlich genau geschafft. An 12 Tagen habe ich zudem mehr als 1.000hM bewältigt (insgesamt waren es 25.667 Höhenmeter). Am laut Fitnessuhr stärksten Tag absolvierte ich 42,96km und 1.765hM. Gefühlt gab es allerdings einige andere Tage, an denen ich zwar objektiv „weniger“ geleistet hatte, an denen mir der Weg allerdings viel schwerer fiel.

Besonders witzig fand ich einen Rekord, den mir meine Fitnessuhr unterwegs angezeigt hat: „1.000.000 Schritte in einem Monat“. Darauf war ich dann doch ein bisschen stolz 😉

Das innere Fazit

Mehr als 30km Kilometer täglich sind möglich, irgendwann läuft man allerdings gegen die Zeit. In Ruhe zu duschen, das Gewand zu waschen, einzukaufen, sich zu pflegen, um die Füße zu kümmern, zu reflektieren, zu essen und die morgige Route zu planen – das braucht Zeit.

Auf dem Camino führt man ein ruhiges sorgenfreies wundervolles Leben – weit weg und mitten im Abenteuer! Ob ich Lust auf einen weiteren Weitwanderweg habe? Oh ja. Nächstes Mal mit Zelt. Bericht folgt 😉

 
 
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