Sachreferentin: Birgitta Schauer
Meinen letztjährigen Bericht schloss ich mit den Worten „Natur muss gefühlt werden“ von Alexander Humbolt.
Natur muss gefühlt werden! Dies ist auch der Leitsatz für unsere NATour -Veranstaltungen. Da aber das Wetter von Menschen - glücklicher Weise - noch nicht gesteuert werden kann, mussten wir im Jahr 2019 leider zwei Veranstaltungen schweren Herzens absagen. Es handelte sich hierbei um die NATour – und KULTourtage um den Monte Pasubio und um den Schafübertrieb über das Niederjoch am Fuße des Similaun. Wir hoffen beide Veranstaltungen nachzuholen.
Vom 23. bis 25. August 2019 konnten jedoch Josef Essl und Agnes Müller-Köchler mit 11 Teilnehmern einen der wohl schönsten, aussichtsreichsten und geschichtsträchtigsten Wege in den südlichen Alpen begehen – den Alta Via del Granito Höhenweg. Der erst seit 4 Jahren bestehende Weg führt durch die von der Zivilisation entrückte Gebirgswelt der Lagorai-Gruppe. Vorbei der von eiszeitlichen Gletschern geformten Landschaft, an rötlich – und grünlichen Granitwänden- und Säulen, an weitläufigen Karen, saftig grünen Bergwiesen und tiefblauen Bergseen. Die Lagorai-Gruppe, welche hoch über dem Valsugana-Tal thront, war auch Frontlinie des I. Weltkrieges und so konnte man von Josef nicht nur naturkundliche Besonderheiten, sondern auch viel Geschichtliches erfahren.
Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Alpenverein Innsbruck konnten wir mit den Innsbrucker Kommunalbetrieben am 29. Juni eine außertourliche Führung durch den Mühlauer Trinkwasserstollen für 15 Personen organisieren. Nach einer Wanderung von Innsbruck ausgehend, über den Schillerweg, durch die Mühlauer Klamm, bis zum Stollenportal unterhalb der Herzwiese, wurden wir von Herrn Albrecht von der IKB empfangen. Wir wurden mit wasserfester Überbekleidung, Gummistiefeln, Helm und Taschenlampen ausgestattet und konnten so im Sammelstollen, der teilweise nur 1,20m breit und 1,70m hoch ist, ca. 500m in das Berginnere gehen. Es war ein äußerst beeindruckendes Erlebnis zu sehen, wie aus unzähligen Felsritzen kristallklares Wasser herausschoss und teilweise auf uns niederprasselte. Erst da wurde so manchem bewusst, welch kostbarer Schatz im Inneren der Nordkette, für Innsbruck vorhanden ist.
Es ist auffallend und erfreulich, dass sich immer mehr Menschen gegen die zunehmende Verbauung noch unberührter Landschaften wehren.
Im Herbst 2018 wurden Pläne bekannt, die Schigebiete Hochoetz und Kühtai über den östlichen Rand der Feldringer Böden zu verbinden. Drei Lifte, mehrere Pisten und ein Restaurant auf dem Schafjoch sollten gebaut werden.
Das war die Geburtsstunde der Bürgerinitiative Feldring, die sich dem Schutz der alpinen Landschaft im Tiroler Oberland verschrieben hat. Mit dem Österreichischen Alpenverein und den Tiroler Naturfreunden schlossen sich schon früh zwei große Organisationen diesen Bemühungen an. Eine von Gerd Estermann und seiner Tochter Tina gestartete Online-Petition gegen die Erschließung erreichte schon nach zwei Tagen mehr als tausend Unterschriften, nach ein paar Monaten konnten mehr als 17.000 Unterstützungserklärungen gezählt werden. Die Petition wurde im März 2019 nach einem Protestmarsch mit mehr als 1.000 Menschen durch Innsbrucks Maria-Theresien-Straße am Landhausplatz an Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe übergeben. Wenige Tage vorher hatten die Betreiber das Projekt zurückgezogen.
Ein weiteres Großprojekt, welches zu sehr starken Reaktionen - nicht nur unter AV-Mitgliedern – führte, war der geplante Zusammenschluss der Gletscherskigebiete im Pitztal und Ötztal. Der Plan für dieses Projekt schlummerte schon länger in der Schublade.
Geplant waren: drei neue Seilbahnen, künstliche Beschneiungsanlagen, ein Speicherturm, ein befahrbarer Skitunnel von 600 Metern Länge, ein dreistöckiges Seilbahnzentrum, Restaurants und Bars mir einer Kapazität für 16.600 Personen und neue Pistenanlagen auf einer Fläche von rund 64 Hektar samt dazugehöriger Infrastruktur.
Wiederum war es Gerd Estermann, der in Zusammenarbeit mit dem Alpenverein, in einer neuerlichen Online-Petition bis jetzt über 159.000 Unterschriften gegen die Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal sammeln konnte.
Die für Januar 2020 angesetzte mündliche Verhandlung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist - auf Bitten der Skigebietsbetreiber - auf unbestimmte Zeit vertagt worden.
Damit liegt das Genehmigungsverfahren für den geplanten Zusammenschluss der beiden Gletscherskigebiete Ötztal-Pitztal vorerst auf Eis. Das Land Tirol hatte moniert, dass die Planungsunterlagen aus dem Jahr 2016 den aktuellen Gegebenheiten nicht mehr Rechnung tragen würden. So müsse unter anderem berücksichtigt werden, dass die beiden Gletscher in den vergangenen Jahren im Projektgebiet stark an Länge verloren hätten - und in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verlieren werden.
Diese Projekte liegen zurzeit auf Eis, können aber jederzeit wieder neu beantragt werden. Es ist zu wünschen, dass diese wertvollen Naherholungsgebiete mit ihren vielfältigen Naturwerten und ihren landschaftlich beeindruckenden Schönheiten auch für kommende Generationen ungestört erhalten bleiben.
Denn wie schon Charles Darwin sagte: „Alles was gegen die Natur ist, hat auf die Dauer keinen Bestand.“