Tyrolia-Verlag · Innsbruck-Wien
Alpenvereinsjahrbuch
BERG 2023
BergWelten: Wildspitze
BergFokus: Mountainbike
Herausgeber: Deutscher Alpenverein,
Österreichischer Alpenverein und
Alpenverein Südtirol
Redaktion: Axel Klemmer, Tyrolia-Verlag
256 Seiten, 255 farb. und 40 sw Abb.
21 x 26 cm, gebunden
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2022
ISBN 978-3-7022-4057-8
€ 20,90
Erscheint im September 2022
Alpine Themen für Menschen, die die Berge lieben
„Eine grössere Weltabgeschiedenheit lässt sich für wahr auf keinem anderen Berggipfel
finden als auf der Wildspitze.“ Diese Worte notierte der Bergsteiger, Geograf und Schrift-
steller Anton v. Ruthner nach seiner Besteigung des höchsten Gipfels der Ötztaler Alpen
im Jahr 1861. Heute ist die Wildspitze, stolze 3768 Meter hoch, einer der populärsten
Dreitausender des Landes. In den BergWelten, dem großen Gebietsthema des Alpenver-
einsjahrbuchs BERG 2023, erzählt der Fotograf Bernd Ritschel von seiner ganz besonde-
ren, 45-jährigen Lebens- und Arbeitsbeziehung mit dem zweithöchsten Berg Österreichs.
Dass dieser als Tourenziel so viele „Likes“, sprich Besteigungen, erhält, liegt unter ande-
rem auch an den sozialen Medien, auf denen die Aktiven sich austauschen. Wie das funk-
tioniert, beschreibt Georg Rothwangl anhand von alpenvereinaktiv.com, dem gemeinsa-
men Tourenportal der Alpenvereine. Zusammen mit vielen anderen trägt es dazu bei,
dass die „Weltabgeschiedenheit“ Geschichte ist. Die Menschen am Fuß des Berges be-
dauern das sicher nicht. Im Bergsteigerdorf Vent und im hintersten Pitztal lebt es sich
heute besser als zu Ruthners Zeiten.
Die Eröffnung der Pitztaler Gletscherbahn im Jahr 1983 machte die Wildspitze zur be-
quemen Tagestour. Zur gleichen Zeit begann in den Alpen der Siegeszug einer anderen
Technologie: Das Mountainbike eroberte die Berge. Der BergFokus blickt zurück auf die
ersten 40 Jahre dieser jungen Bergsportart, und er beleuchtet ihre Gegenwart. Vor allem
in der zeitgenössischen, elektrisch motorisierten Form, ist Mountainbiken ein Millionen-
geschäft – und für den Alpenverein eine ganz besondere Herausforderung. Auf seinen
Wegen und in seinen Hütten begegnen sich nun Fußgänger und Radfahrer. Deren Berger-
lebnis ist unterschiedlich, doch es lässt sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen:
„Transalp“. Die Überquerung der Alpen mit dem Rad, wie Holger Schaarschmidt sie be-
schreibt, ist beinahe zu einem Synonym für Mountainbiken geworden.
Ist nun das gute alte BergSteigen auch nur ein Sport, oder ist es mehr als das? Zu seinem
Antritt als neuer Chronist des Alpenvereinsjahrbuchs stellt Andi Dick die Fragen: Welche
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Leistungen sind es eigentlich wert, festgehalten und herausgestellt zu werden – und wa-
rum? Nach welchem Maßstab trifft der Chronist als Gatekeeper der Alpingeschichte seine
Auswahl? Zur „großen“ Alpingeschichte gibt es übrigens immer auch eine „kleine“: Jochen
Hemmleb, der nie auf dem Mount Everest war, schildert seine persönliche Liaison mit
dem höchsten Berg der Welt, der für ihn nicht das Objekt der eigenen alpinistischen Be-
gierde war, sondern eher ein Partner, ein Lebensgefährte, dem er nie zu nah getreten ist.
Als einen Lebensgefährten empfinden viele Bergbegeisterte auch den Alpenverein, der
1923, vor 100 Jahren, die Tölzer Richtlinien verabschiedete. Der darin festgeschriebene
Verzicht auf Komfort im Hochgebirge gilt, im Prinzip, heute noch. Auch wenn viele Mit-
glieder nicht mehr auf Duschen, Halbpension und Vorreservierung in den Hütten verzich-
ten wollen.
Raus aus der Komfortzone treibt es dagegen die Vorarlbergerin Barbara „Babsi“ Zangerl,
die in traditionellem Stil die schwersten Routen klettert. Sie schreibt damit ihre ganz
eigene Alpingeschichte – so wie andere prominente BergMenschen es getan haben und
immer noch tun: der nepalesische 8000er-Rekordmann Nirmal Purja etwa oder Henry
David Thoreau, der nicht nur ein berühmter Naturphilosoph war, sondern auch ein origi-
neller Beobachter des beginnenden Bergtourismus in den Neuenglandstaaten der USA.
Für alle gut sichtbar, geht unterdessen eine andere Geschichte zu Ende. Im BergWissen
erläutert die Glaziologin Andrea Fischer, wie Gletscher gerade im Prozess ihres Ver-
schwindens der Wissenschaft Kopfzerbrechen bereiten. Auch die traditionelle Almwirt-
schaft droht gänzlich zu verschwinden: Sie ist schön anzusehen, aber kaum noch in der
Lage, in Zeiten des Wohlstands ihre Betreiber zu ernähren. Der Geograf Werner Bätzing
schreibt, wie es dazu kam.
Schreiben. Worte finden. Die Welt nicht nur in ökologischen und ökonomischen Zusam-
menhängen, sondern in Begriffen der Ästhetik verstehen. Darum geht es, unter anderem,
in der Rubrik BergKultur. Schreiben über die Natur im Geist und in der Tradition Alexand-
er von Humboldts erlebt als „Nature Writing“ eine Renaissance, wie der Literaturwissen-
schaftler Bernhard Malkmus am Beispiel des mythischen Schneeleoparden erklärt. Die
Schriftstellerin Selma Mahlknecht betrachtet den Begriff Tourismus, und der Bergführer
Christoph Höbenreich macht augenzwinkernd klar, dass nicht nur Wörter, sondern sogar
schon Buchstaben tiefgreifende kulturelle Unterschiede offenbaren: Sollen wir Ski oder
Schi schreiben? Wer sich darüber den Kopf zerbricht, hat tatsächlich ein Luxusproblem –
und dieses Wort ist schließlich auch nur eine Umschreibung für: Bergsteigen.
Alpenvereinsmitglieder beziehen mit diesem Band gratis die Alpenvereinskarte Ötztaler
Alpen – Wildspitze. Es handelt sich um eine vollständige Neuherstellung auf Basis der
Datenkooperation zwischen dem BEV, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen,
Wien, und dem Österreichischen Alpenverein. Gletscherstand 2020, Maßstab 1:25.000,
ISBN 978-3-928777-45-2