Abfahrt mit wunderbarer Aussicht
Trans kommt aus dem Lateinischen und bedeutet u.a. „über“. Wir wollten über die Alpen, transalp, genauer gesagt mit den Mountainbikes vom Reschensee zum Gardasee.
Startpunkt für die erste Etappe war dabei der Skiort Nauders, den wir nach einer ganztägigen Anreise, die uns wie eine Odyssee vorkam, erreichten.
Für den ersten Tag unserer Tour suchten wir uns den Dreiländer Bike Park aus, um es gleich richtig krachen zu lassen. Unsere Motivation wurde etwas durch den vorhergesagten Regen gebremst. Wie sich allerdings am nächsten Morgen herausstellte, kam alles über 1600m in Form von Schnee runter, der uns noch eine Weile begleiten sollte.
Auf den vorzeitigen Wintereinbruch mit bis zu 30cm Neuschnee
waren wir nicht wirklich vorbereitet, was sich unter anderem an unserer
fehlenden LVS-Ausrüstung bemerkbar machte.
Das war für uns jedoch kein Grund, um von unserem ursprünglichen Plan
abzuweichen. So starteten wir mit aller Kleidung eingepackt, die wir finden
konnten, in den Bikepark. Nach ein paar Schwüngen zum Warmmachen funktionierte
auch das Mountainbiken im frischen, unverspurten Powder gut genug, um ein paar
Trails in dem superleeren Bikepark zu genießen.
Gegen Nachmittag peilten wir dann gut durchgefroren unsere erste Pension in Mals im Vinschgau an.
Auch der nächste Tag wurde maßgeblich durch die weißen Flocken beeinflusst. Wie sich nämlich herausstellte, war das Stilfser Joch wegen Schnee und Steinschlag gesperrt, was uns auf eine alternative Route zwang. So ging es mit dem Shuttle hoch zum Ofenpass, um dann gemütlich zum Schweizer Nationalpark (Parc Naziunal Svizzer; der älteste Nationalpark der Alpen) runterzurollen. Der darauffolgende Wanderweg durch eben diesen Nationalpark zum Lago di Livigno stellte sich leider als zermürbender „Trage-Trail“ heraus, was uns zeitlich in die Bredouille brachte. Dafür war das letzte Stück an einem Fluss gut zu fahren und landschaftlich sehr schön, was für die Strapazen ein wenig entschädigte. Von Livigno fuhren wir mit dem Bus nach Bormio, da wir schon spät dran waren. Auf dem letzten Anstieg nach Santa Caterina wurden wir dann doch noch von der Dunkelheit eingeholt. Glücklicherweise gabelten uns ein paar rückkehrende Jäger mit ihren Geländewägen auf und fuhren uns die letzten Meter, die es auf jeden Fall nochmal in sich gehabt hätten, zu unserer Unterkunft.
Nachdem nun die ersten zwei Tage als „speziell“ zu bewerten
waren, hofften wir auf die erste reibungslose Etappe. Nach dem Frühstück
erwartete uns der erste Anstieg zum Passo di Gavia. Dabei begleitete uns die
atemberaubende Aussicht auf das Ortler-Massiv und die umliegenden,
vergletscherten 3000er. Auch auf unserer Höhe lag leider immer noch recht viel
Schnee, was unsere Hoffnungen auf einen trockenen Trail schwinden ließ. Am Pass
angekommen beschlossen wir dennoch, am Lago Nero in den „Trail del Gallo“
einzubiegen. Anfangs etwas schlammig entpuppte er sich als anspruchsvoll, aber sehr
schön zu fahren.
Nachdem diese lange Abfahrt uns stark aus der Puste brachte, stärkten wir uns
in unserem Zielort Ponte di Legno bei einer Pizza.
Zur Wochenmitte sollte es von Ponte di Legno über den Passo
Tonale nach Mezzana gehen. Zur üblichen Zeit brachen wir wieder auf, diesmal
voller Vorfreude auf Trails, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht unter
dem Schnee versteckt waren. Auf ca. halbem Weg zum Tonalepass verließen wir die
Passstraße, um auf dem „Pegrà Flow Trail“ – nomen est omen – wieder bergab nach
Ponte di Legno zu fahren. Wenn man runterfährt, muss man natürlich auch wieder
bergauf fahren, und so kurbelten wir erneut die Passstraße hinauf, diesmal aber
ganz hinauf bis zum Passo Tonale. Um noch ein weiteres Mal an diesem Tag in den
Genuss von Trails zu kommen, nahmen wir noch 300 Extrahöhenmeter auf einer
Skipiste in Angriff. Normalerweise hätten wir ganz bequem den Sessellift nehmen
können, aber wenn man halt in der Nebensaison aufkreuzt… naja, wir sind ja zum Biken
und nicht zum Liftfahren da! Das Rauftreten zahlte sich in jedem Fall aus:
einerseits die Aussicht auf die gegenüberliegenden verschneiten Berge,
andererseits die „Race Line“, unsere auserwählte Strecke für die Abfahrt.
Zurück am Tonalepass ging es dann zunächst über Forstraßen (mit Ziegenkontakt)
und später über Radwege (mit teils komischer Routenführung) nach Mezzana. Auch
dort ist die Hauptsaison schon vorbei (und vermutlich auch die Nebensaison),
jedenfalls fanden wir kein offenes Restaurant und so beschlossen wir
kurzerhand, in unserem Appartement Nudeln zu kochen.
Der Donnerstag war ein Bikepark-Tag. Vormittags trieben wir
uns im „Bikeland Val di Sole“ herum, bevor wir gegen Mittag über den Lago delle
Malghette nach Madonna di Campiglio wechselten. Nach einer Abfahrt im dortigen
Bikepark begann aber erst das eigentliche Programm: So galt es zunächst die
Brenta zu durchqueren, um zum Andalosee bzw. in weiterer Folge zum Molvenosee
zu gelangen. Aufmerksamen Leser*innen ist vielleicht das Wort „durchqueren“ aufgefallen,
das ja noch nicht impliziert, dass wir die Brenta mit dem Bike durchquert, also
durchfahren, haben. So war es nämlich auch nicht: den Großteil der Strecke
legten wir per pedes zurück, über größere Steine, unwegsame Wanderwege,
Schotterfelder und natürlich waren auch ein paar umgefallene Bäume dabei, die
es zu überwinden galt. Dementsprechend froh waren wir dann, als wir endlich die
Schotterstraße erreichten, die uns talwärts zum Lago di Andalo führen sollte. Doch
den See erreichten wir nicht, zumindest nicht wirklich bzw. nur das, was davon
übrig war: der Andalosee ist nämlich gänzlich ausgetrocknet. Nachdem es bereits
dämmerte – es war schon nach 20 Uhr – orderten wir ein Taxi, das uns –
natürlich erst nach einer ausgiebigen Pizza-Pause – in unsere nächste
Unterkunft nach San Lorenzo in Banale bringen würde. Die 500 Höhenmeter dorthin
wollten wir in der Dunkelheit nicht mehr unbedingt selbst zurücklegen.
Die finale Etappe begann sehr gemütlich, zunächst vorwiegend
bergab bis zur Sarca, dann entlang des Sarca-Radweges zum Lago di Cavedine. Vom
See aus ging es über teils steile Straßen hinauf nach Drena und von dort weiter
bergauf Richtung Monte Stivio bzw. Doss Grande. Schon bald nachdem wir den Lago
di Garda erstmals erspäht hatten, zweigten wir von der Asphaltstraße in den
„Teacher’s Trail“ ab, den wir jedoch schon nach gut einem Drittel der
Wegstrecke Richtung „Canyon Trail“ verließen. Die „pista ciclabile“ führte uns
schließlich nach Arco, wo wir uns das erste „gelato“ – es sollte nicht das
letzte gewesen sein – genehmigten. Die letzten rund 10 Kilometer nach Torbole legten
wir wieder auf dem Sarca-Radweg zurück. Unser eigentliches Ziel, Riva del
Garda, erreichten wir nach wenigen weiteren Kilometern entlang des Gardasees. Wie
es sich für echte Transalpler*innen gehört, haben wir das Bad im heiß ersehnten
Gardasee natürlich in voller Bikermontur genossen!
Text: Anna Siebenbrunner, Niklas Kraus
Fotos: Anna Siebenbrunner, Niklas Kraus, Michael Sampl