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Reisen auf dem Dach Afrikas (Reise aufs Dach Afrikas)

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Reisen auf dem Dach Afrikas

Wenn man von Äthiopien spricht, denkt man in erster Linie an die Bilder der verheerenden Hungersnot, die Anfang der siebziger Jahre dort herrschte. Das Unvermögen des damaligen Kaisers Haile Selassie und die Abgeschiedenheit des betroffenen Landstriches hatten den Tod hunderttausender Menschen zur Folge.
Dabei ist Äthiopien ein Land mit einer überraschenden Vielfalt an Menschen, Kulturen, Bräuchen und Landschaften, die das Reisen zu einem abwechslungsreichen Abenteuer mit vielen reizvollen und überraschenden Eindrücken macht.


Unsere Reise, mit gemietetem Jeep inklusive Fahrer, begann in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba (`Neue Blume´). Sie liegt auf einer hügeligen Ebene im nördlichen Hochland, auf einer Höhe zwischen 1800 und 2400 Meter über dem Meer. Äthiopien wird des öfteren als `Dach Afrikas´ bezeichnet, und dies nicht ohne Grund. Ein Viertel des Landes liegt auf über 2000 Meter Höhe, und das bei einer Größe von über 1 Million Quadratkilometer. Der höchste Berg ist der Ras Dashen im Simien-Gebirge, mit 4.620 Metern der vierthöchste Berg Afrikas.


Auf dem Weg dorthin wollten wir den Tana-See besuchen, aus dem die Wasser des Blauen Nils ihre lange Reise ins Mittelmeer antreten, wollten die alte Königstadt Gondar sehen, und die Steinkirchen von Lalibela.
Zwei Tage benötigten wir bis zum Tana-See, fuhren durch die alten Königreiche Shoa und Gojam. Uraltes Kulturland, das in Jahrtausenden durch Brandrodung und Holzeinschlag seinen ursprünglichen Baumbestand verloren hat. Am Wegrand Dörfer mit strohgedeckten Rundhütten, Bauern bei der Ernte auf ihren Weizenfeldern, Frauen mit Wasserkrügen auf dem Kopf, Kinder in bunten Schuluniformen. Für die Überquerung des Blauen Nils mußten wir 1000 Höhenmeter nach unten fahren, um dann auf der anderen Seite wieder dieselbe Distanz hinaufzufahren 3 Stunden benötigten wir für dieses `Hindernis´.


Schließlich erreichten wir den Tana-See, auf 1860 Meter Höhe gelegen, wo wir die christlichen Klöster auf den Heiligen Inseln besuchten. Bereits um das Jahr 350 nach Christus hielt das Christentum seinen Einzug im äthiopischen Hochland, und fand schnell viele Anhänger. Doch bereits beim Konzil von Calzedon, 451 nach Christus, trennte sich die Äthiopische Kirche von der Hauptrichtung. Es entwickelte sich durch die Abgeschiedenheit und den afrikanischen Einfluss eine eigenständige und sehr eigenwillige Lehre. Die Kirchen auf den Inseln sind rund, mit einem Gang aussen herum, im Zentrum befindet sich das `Allerheiligste´. Schwarze Mönche in bunten Kutten sitzen auf dem Boden, läuten kleine Glöckchen und schlagen rytmisch die Trommeln, die Gebete werden in einem monotonen afrikanischem Singsang vorgebracht. Die bunt verzierten Holzwände rundherum mit Bildern von Erzengeln, Heiligen, Dämonen und Teufeln, die Gesichter mit übergroßen Augen versehen. Die Stimmung ist unwirklich, man fühlt sich in eine andere Welt versetzt, eine mystisch-zeitlose Welt.


Zwei weitere Tage waren es von hier bis zum Simiengebirge. Auf halbem Weg lag die alte Kaiserstadt Gondar, wo wir den Gemp von Gondar besichtigten. So wird der alte Palastbezirk genannt, mit einer Umfassungsmauer mit 12 Toren, und einem Dutzend mehrstöckiger Gebäude. Um etwa 1650 wurden die Bauarbeiten begonnen, der Gemp umfasste neben dem eigentlichen Kaiserpalast noch Gebäude für die hohen Würdenträger, eine Bibliothek, Pferdeställe, und sogar einen Löwenkäfig. Die Kaiser hatten so klingende Namen wie Yohannes, Georgys oder Dawid. Das äthiopische Kaiserhaus leitete seine Herkunft direkt von König David ab, damit also dem gleichen Geschlecht entstammend wie Jesus Christus das gab ihnen eine unantastbare Legitimation. Und doch ist kaum ein Kaiser von Äthiopien eines natürlichen Todes gestorben. Der letzte Kaiser, Haile Selassie I., der 237. Kaiser seit Menelik I., Sohn König Salomons (der Salomon!), wurde 1974 nach einem Armeeputsch abgesetzt, ein paar Monate später wurde sein Tod `bekanntgegeben´.
Schließlich erreichten wir den Simien-Nationalpark, in dem wir den höchsten Berg Äthiopiens, den Ras Dashen, besteigen wollten. Wir mußten uns im letzten Dorf, Debark, bei der Nationalpark-Verwaltung anmelden, und bekamen einen ortskundigen Führer zugewiesen, und einen Ranger, zu unserer Sicherheit. Negus (`König´) war sein Name, er war mit einer Kalaschnikov bewaffnet, und wich uns fortan nicht mehr von der Seite.


Wir verbrachten die Nacht im Dorf, es war der Silvesterabend 2005. Mit Müh und Not hatten wir wir ein Lokal gefunden, in dem wir Silvester feiern konnten. Aber um elf sperrten sie zu in Äthiopien ist Neujahr am 11. September! So erlebten wir den Jahreswechsel im Hotelzimmer, mit ein paar kleinen Fläschchen äthiopischen Biers namens `St. Georgys´!, das man durchaus trinken kann!


Am nächsten Morgen ging es los, hinein in das Simiengebirge. Vor etwa 30 Millionen Jahren durch magmatische Prozesse entstanden, bei denen an manchen Stellen 4 km dick Lava hochgedrückt wurde. Die Erosion hat eine bizarre Landschaft erzeugt, mit tief eingegrabenen Flussläufen, atemberaubenden Abgründen, und großen, isoliert dastehenden Hochebenen und Tafelbergen, den `Ambas´.
Gleich am Beginn des Nationalparks stiessen wir auf eine Horde von Schelada-Pavianen, aus mehreren hundert Tieren bestehend. Man konnte sich auf nur wenige Meter nähern, kam man zu nahe, entfernten sie sich gemächlich, um die Distanz zu halten. Ein beeindruckender Empfang im Park!


Nach mehreren Stunden Fahrt erreichten wir das Chennek-Camp, auf etwa 3.600 Meter gelegen. Wir fanden einen wunderschönen ebenen Lagerplatz, umgeben von einem Wald von Riesenlobelien. Es war sonnig, und erst früher Nachmittag. Wir stellten unser Zelt auf, und machten einen gemütlichen Spaziergang zum fast senkrecht abfallenden Rand des Plateaus. Hier könnte man mit etwas Glück am Nachmittag den Äthiopischen Steinbock sehen und wir hatten Glück! Vier bis fünf Tiere kamen grasend über buschbewachsene Bänder hoch bis auf die Ebene.


Am Abend saßen wir am Lagerfeuer, Negus bekam Besuch von seinen Ranger-Freunden. Ihre schwarzen Gesichter waren in der Dunkelheit kaum zu sehen, nur ab und an, wenn Flammen hochzüngelten, blitzten die schneeweissen Zähne auf und die Läufe der Kalaschnikovs! Es wurde gegessen, und Geschichten erzählt, vom entbehrungsreichen Leben in den Bergen, von den Löwen, vom Bürgerkrieg, vom Hunger und vom großen Sterben.


Wir legten uns schlafen, die Nacht wurde kalt, sehr kalt! Nicht für mich, ich hatte einen warmen Schlafsack! Meine beiden Gefährten hatten etwas dünnere Schlafsäcke, und entwickelten im Laufe der Nacht raffinierte Strategien, um sich etwas warm zu halten. Enger zusammenrücken, Rucksack ausleeren, Füße rein, sich mit allem zudecken, was greifbar war! Ich wurde ob diesen regen Treibens im Zelt öfter mal wach außerdem war mir zu warm, mußte den Schlafsack aufmachen!


Am nächsten Morgen (der Bach war überfroren!) genossen sie dann sichtlich die ersten Strahlen der Sonne, ehe wir losmarschierten. Sieben Mann und zwei Maultiere umfasste unsere Kolonne. Die großen Rucksäcke und das Essen wollten wir nicht selber tragen, sondern die Wanderung genießen, und die beeindruckenden Landschaften sehen. Daher hatten wir uns zwei Maultiere mit Treibern für das Gepäck angemietet.


Einen Tagesmarsch entfernt lag das Dorf, das wir heute erreichen wollten. Von dort konnte man in einem Tag auf den Gipfel und wieder zurück. Am dritten Tag wollten wir wieder im Chennek-Camp sein. Früh genug, um nicht wieder eine Nacht hier schlafen zu müssen, schlugen Franz und Stefan vor.
Der Weg führte durch ein kleines steiles Tal zu einem Pass, auf 4.200 Meter Höhe, mit einer grandiosen Aussicht auf das umliegende Bergland. Dann ging es im Zickzack einen schmalen, staubigen Weg hinunter bis auf 2.800 Meter. Mehrere Dörfer lagen am Weg, ständig begegneten uns schwerbeladene Maultiere und Träger. Familien waren unterwegs, die Frauen hatten die Babys im Rückentuch umgebunden, Mädchen trugen ihre kleineren Geschwister, die noch nicht laufen konnten.
Dies war ein vielbenutzter Weg aus den Bergen zur nächstgelegenen Strasse. Äthiopien hat über 70 Millionen Einwohner, und die Hälfte der Menschen muß einen Tagesmarsch oder länger gehen, um eine befahrbare Strasse zu erreichen!


Am Fuss des kleinen Seitentales, das wir heruntergekommen waren, überquerten wir einen ausgetrockneten Fluß und stiegen auf der anderen Seite wieder etwa 400 Meter auf. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir das Dorf, in dem es einen kleinen eingezäunten Platz gab, wo wir unser Zelt aufschlagen konnten. Man war auf Gäste eingerichtet, es kommt immer wieder mal jemand, der diesen Berg besteigen will. Aber trotzdem kamen die Leute, insbesondere natürlich die Kinder, um uns zu begutachten. Ein findiger Junge hatte eine Marktlücke entdeckt (und geschlossen), es gab nämlich Bier zu kaufen, etwa die Hälfte teurer als in Geschäften an der Strasse. Wir belohnten seine Geschäftstüchtigkeit, und stellten gleich sicher, dass für den nächsten Abend, nach dem voraussichtlichen Gipfelsieg, noch ausreichend Ware zur Verfügung stand.


Die Nacht wurde angenehm mild, es war sicher 10 Grad wärmer hier als oben auf dem Plateau. So waren wir ausgeschlafen und guter Dinge, als wir am frühen Morgen losmarschierten. Erst ging es zwei Stunden steil bergan, dann erreichten wir wieder ein Plateau, der schönste Teil der Wanderung begann hier. Wir wanderten am Hang eines noch höheren Plateaus entlang, der Weg führte immer wieder in kleine Einschnitte hinein und wieder heraus. Ab und an floss etwas Wasser, an den schattseitigen Hängen sahen wir sogar mehrere gefrorene Wasserfälle. Und überall standen die Riesenlobelien, manchmal regelrechte Wälder, und verliehen der Landschaft etwas ungemein fremdartiges und reizvolles.


Schließlich führte der Weg steil nach oben, ein Pass öffnete uns den Weg auf das höchste Plateau, der Höhenmesser zeigte 4.500 Meter. Und von hier konnten wir das erste Mal den Gipfel sehen. Ein flacher, mehrere hundert Meter langer Tafelberg mit meist senkrechten Wänden ragte etwa hundert Meter über die leicht abfallende Ebene. Wir erreichten ihn an einem Ende, suchten entlang des Wandfusses nach einem Zustieg und wunderten uns, dass unser Führer den üblichen Aufstieg nicht zu kennen schien. Er war wohl doch noch nicht so oft hier gewesen, wie er Anfangs gesagt hatte. Ein paar Hirtenjungen hatten uns gesehen, sie ließen ihre Ziegen stehen und liefen uns hinterher und dann voraus, um uns den Weg zum höchsten Punkt zu zeigen. Sie waren barfuss in Ledersandalen, hatten sich gegen die Kälte Tücher umgewickelt und mit Ziegenfellen behängt. Eine etwa zwanzig Meter hohe `Felstreppe´ mussten wir noch überwinden, leichte Kletterei, keine wirkliche Hürde. Dann standen wir auf dem Gipfel des Ras Dashen, auf 4.620 Meter.


Wir saßen in einer kleinen windgeschützten Senke, genossen die Sonne und das großartige Gefühl, unser Ziel erreicht zu haben. Kein höherer Punkt im Umkreis von tausenden Kilometern! Wir teilten unsere Kekse mit den Hirtenjungen und überlegten, welches der nächstgelegene hohe Berg ist. Entweder das Ruwenzori-Gebirge oder der Mt. Kenia, beide im Süden gelegen. Und gegen Norden mußte es wohl der Vulkan Demavand sein, im Iran am Kaspischen Meer gelegen. Sicherlich auch ein interessantes Ziel, waren wir uns einig!

 

Franz Brugger

 
 
 

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