Abb.2: Längenänderung des Eiskargletschers 1992 - 2007
1. Einleitung
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts werden in den österreichischen Alpen Gletschermessungen durchgeführt. Auch der Eiskargletscher in den Karnischen Alpen wurde bereits 1897 vom italienischen Geografen Olinto MARINELLI aufgesucht, wobei dieser damals den gesamten Gletscher kartierte und 3 Messmarken zur Ermittlung der Längenänderung anlegte. Das Verhalten des Gletschers wurde in der Zeit von 1897 bis 1992 von 6 verschiedenen Personen in unregelmäßigen Zeitabschnitten beobachtet und dokumentiert. Nach O. MARINELLI führten die Nachmessungen A. DESIO und R.v.SRBIK durch. Von 1950 bis 1992 wurden die Messungen von Lehrenden der Universität Graz (H. PASCHINGER, H. WAKONIGG, G. K. LIEB) vorgenommen. Auf Anregung von H. WAKONIGG und nach Einführung in die Messtätigkeit durch G. K. LIEB führe ich im Auftrag des Österreichischen Alpenvereins die Nachmessungen seit nunmehr 15 Jahren durch.
2. Längenänderung des Eiskargletschers 1897 bis 2007
Da die 1992 angelegte Messmarke H92 (heute H02) genau in Messrichtung der alten Marke MO I aus dem Jahre 1897 liegt, kann an dieser Stelle unter Hinzurechung der alten Werte der Rückzugsbetrag des Gletschers seit 1897 genau nachvollzogen werden (Abb. 1). Zwischen 1897 und 1900 stieß der Gletscher um 7 m vor, bei der Messung im Jahre 1920 entsprach die Ausdehnung des Gletschers jener von 1900. Zwischen 1920 und 1971 zog sich der Eiskargletscher kontinuierlich zurück. Bei der Nachmessung im Jahre 1978 wurde ein Vorstoß von 7,2 m seit 1971 registriert. Seit 1978 befindet sich der Gletscher ununterbrochen im Rückzug. Insgesamt ging er seit 1897 um 91 m zurück, in den rund 80 Jahren von 1897 bis 1978 um 34 m, in den rund 30 Jahren seit 1978 jedoch um 57 m. Die Eismächtigkeit nahm seit 1897 um ca. 40 m ab.
Abb. 1: Längenänderung (in Metern) des Eiskargletschers
1897 2007 bei der Marke MO I bzw. H02
2. Überblick über das Gletscherverhalten 1992 bis 2007
2.1. Längenänderung
Die Längenänderung steht im Mittelpunkt des Interesses bei der Gletschermessung, weil sie die am einfachsten zu ermittelnde Größe des Gletscherverhaltens darstellt. In Abbildung 2 ist die Längenänderung des Eiskargletschers seit 1992 jeweils nach Einzeljahren (Balken) und als Summenkurve eingetragen.
Abb.2: Längenänderung des Eiskargletschers 1992 - 2007
Insgesamt zog sich der Gletscher seit 1992 im Mittel aller Messmarken um 41,7 m zurück, das entspricht einem jährlichen durchschnittlichen Rückzugswert von 2,8 m. Wie aus Abbildung 2 ersichtlich ist, kann man jedoch für den dargestellten Zeitraum nicht unbedingt einen klaren, durchgehend gleich starken Rückzugstrend erkennen. Während der letzten 15 Jahre gab es 2 sehr gletscherfreundliche Jahre ( 2001, 2004 ), in denen die Schneebedeckung
- u. a. bedingt durch winterliche Lawinenabgänge - im September noch so mächtig war, dass die Messmarken bzw. der Eisrand nicht ausfindig gemacht werden konnten; das Gletscherverhalten war während dieser 2 Jahre als konstant zu bezeichnen. Dem gegenüber standen jedoch viele gletscherabträgliche Jahre, vor allem 2003 und von 2005 bis 2007, in denen der Gletscher insgesamt um 22,4 m an Länge abnahm.
2.2. Änderung der Eismächtigkeit und der Fließgeschwindigkeit
Das Einsinken der Gletscheroberfläche konnte im Verlaufe meiner 15jährigen Tätigkeit nicht exakt gemessen werden, jedoch lässt sich die Abschätzung treffen, dass der Gletscher seit 1992 rund 15 m an Höhe einbüßte, wobei die schuttbedeckten Abschnitte weniger, die Blankeisbereiche stärker einsanken. Auffallend für den Zeitraum der letzten 15 Jahre ist auch die deutliche Verringerung der Fließgeschwindigkeit. Bewegte sich der Gletscher zu Beginn der 1990er Jahre noch mit rund 2 m pro Jahr, so ging dieser Wert während der letzten Beobachtungsjahre auf einen Betrag von einigen Dezimetern pro Jahr zurück.
2.3. Veränderungen im Erscheinungsbild des Gletschers
Von großer Bedeutung sind die Veränderungen im Erscheinungsbild des Eiskargletschers. Besonders auffallend ist die starke Zunahme der Schuttbedeckung, hervorgerufen durch Steinschlag, Felsstürze und Schuttströme aus der Felsumrahmung der Kellerwand auf den Gletscher und durch das Ausapern der Innenmoräne. Diese Schuttzunahme nimmt vor allem im Bereich der Gletscherzunge starke Ausmaße an und erschwert hier und auch an anderen Gletscherabschnitten nicht nur das Erkennen des Eisrandes, sondern auch die Fortbewegung auf dem Gletscher außerordentlich. Eine weitere starke Veränderung im Aussehen des Gletschers bewirkte das Ausapern von zwei Felsfenstern, beginnend in den Jahren 1993 bzw. 2003, wobei das Felsfenster von 2003 in der Zwischenzeit den Ansatz der Gletscherzunge bis
auf eine Breite von 22 m einengt (Stand: September 2007). Für die nächsten Jahre ist an dieser Stelle eine Abtrennung der Gletscherzunge vom restlichen Eiskörper zu erwarten.
Der Eiskargletscher aufgenommen von N aus einer Höhe von 2450m am 24.8.2007
Gerhard Hohenwarter, Villach