Alle Vorzeichen sprachen für wunderschöne, erlebnisreiche und unbeschwerte Bergtage in Südtirol. Unser Reiseziel: die großartige Bergwelt um den Karerpass, unser „Basislager“: das gediegen ausgestattete und gemütliche Sporthotel Alpenrose in Carezza unweit des Karersees mit seinem äußerst gastfreundlichen Servicepersonal und der vorzüglichen Küche, die Wettervorhersage: viel Sonnenschein und sommerlich warm, sowie 41 gutgelaunte Reiseteilnehmer. Ein Glück, dass keiner weiß, was der Tag am Ende bringen wird.
Sonntag, 27. August 2017
Ein herrlich sonniger und warmer
Spätsommertag. Im Bus der Firma Riedler-Reisen mit Jürgen Antensteiner am
Steuer ging die Fahrt von Vorderstoder (Abfahrt 06:00 Uhr), durch das Ennstal
und über die Tauernautobahn mit Pause im Rasthaus bei Eisentratten, weiter über
Spital an der Drau und Lienz nach Reischach bei Bruneck. Ankunft ca. 12:30 Uhr.
Fünf unserer Teilnehmer bestiegen ihre Mountainbikes, um über Olang und den
Furkelsattel (1759 m) nach Zwischenwasser im Gadertalzu radeln, wo wir sie
später mit dem Bus wieder aufnehmen wollten.Wir Wanderer gelangten mit der
Gondelbahn auf den Kronplatz (2275 m), dem zwar touristisch übererschlossenen,
trotzdem großartigen Panoramaberg zwischen Alpenhauptkamm und Dolomiten. Oben
bestaunten wir den beeindruckenden Rundblick und die Glocke Concordia,
unternahmen eine etwa 1 ½-stündige Rundwanderung mit geselliger Einkehr bei der
ÜciaGraciani (2098 m) und ließen uns dann von der Gondelbahn wieder ins Tal
bringen.
Und dann, von einer Minute auf die andere, war es plötzlich mit der
Unbeschwertheit vorbei. Mich erreichten zwei Anrufe von unseren Radfahrern,
der erste schockierend aber nicht hoffnungslos, der zweite niederschmetternd:
unserem Freund Peter Gruber hat bei der Auffahrt zum Furkelsattel sein Herz
versagt. Ich konnte und wollte es nicht glauben. Bei uns im Bus seine Frau
Regina, ihre Schwester Hanni und ihr Schwager Rudi vom Achensee, die erst zu
Mittag in Reischach zu uns gestoßen waren. Es konnte einfach nicht sein. Ich
dirigierte unseren Fahrer zurück nach Olang. In der dortigen
Carabinieri-Station erhielten wir dann die leider traurige Gewissheit: Peter
Gruber ist tot, er wurde nur 55 Jahre alt.
Nach der eingehenden Befragung durch die Carabinieri blieben Regina, Hanni und Rudi in Olang zurück. Wir traten schweren Herzens die Weiterfahrt an. Obwohl wir den schnellsten Weg durchs Eisack- und Eggental wählten, trafen wir erst um 21:00 Uhr bei unserem Hotel ein. Nicht weil uns das noch wichtig war, sondern weil es nicht selbstverständlich ist: Trotz der großen Verspätung verwöhnte uns das sehr freundliche Hotel-Team noch mit dem vollen geplanten 5-Gänge-Menü.
Montag, 28. August 2017
Leicht bewölkt am Morgen und
Vormittag. Der Bus fuhr uns in Richtung Niger-Pass zur Frommeralm. Von dort mit
dem Doppelsessellift zur Rosengartenhütte (auch Kölner Hütte, 2339 m). Alle
gemeinsam wanderten wir am Dolomiten Höhenweg unterhalb der imposanten Zacken
und Wände südwärts. Nach gut einer halben Stunde trennten sich dann unsere
Wege.
Gruppe zwe iwählte den kürzeren Weg zur Paolinahütte (2125m) und ließ
sich dort vom Sessellift zum Hotel hinunter bringen. Gruppe eins stieg durch eine Geröllrinne, über gesicherte Felsstufen
und Leiter zum Vajolonpass (2560 m) hinauf. Über geröllig-schrofige Hänge
hinunter in den Oberen und Unteren Vajolonkessel und hinüber zur Rotwandhütte
(2280 m), wo wir schon bei köstlichen Speisen und Getränken in der inzwischen
ungetrübten Sonne saßen. Wir waren nämlich recht bequem am Hirzelweg, vorbei am
Cristomannos-Denkmal, einem riesigen Bronze-Adler, hierher gelangt. Vor der
Hüttenrast waren wir noch am „Hüttengipfel“, dem Ciampaz (2316 m).
Am Nachmittag stiegen wir dann alle ab zur Malga Vaèl und marschierten am Fassaner Höhenweg unter einer Wand, die auf schönem Band gequert wurde nach Ciampedie (1997 m). Ein paar ließen es sich nicht nehmen, an der Fly Line durch den Wald ins Vajolet-Tal zu schweben, um mit dem Sessellift dann wieder zurück zu kommen. In der Großraumgondel sausten wir dann hinunter nach Vigo di Fassa. Ein gemütlicher Gastgarten zog uns dort magnetisch an. Kurz vor Ausbruch eines Gewitters lösten wir die gesellige Runde auf und flüchteten in den bereitstehenden Bus, der uns über den Karerpass zu unserem Hotel brachte. Das Gewitter blieb im Fassatal zurück. Nur ein bunter Regenbogen bezeugte, dass es da drüben wirklich regnete.
Dienstag, 29. August 2017
Blauer Himmel, Sonne und angenehm
warm. Mit dem Bus fuhren wir erst hinunter nach Birchabruck und dann hinauf
nach Obereggen. Weiter mit dem Sessellift nach Oberholz (2090 m). Wir, eine
stattliche Gruppe von 23 Personen, nahmen den steilen, sich in vielen
Serpentinen hinaufwindenden Steig in den „Gamsstall“ in Angriff. Was uns dort
erwartete, war wirklich atemberaubend und fast unwirklich. Wir durchwanderten
diesen „Gamsstall“, ein Hochkar mit hangparallelen Schwellen und einem
Labyrinth aus Blöcken und Türmen. Am Ende gelangten wir durch eine Felsgasse
und eine Rinne empor zur Gamsstallscharte (2560 m). Wir legten eine Pause ein.
Weniger um uns zu stärken, vielmehr um diesen Rundblick über die unzähligen Berggipfel in Nah und Fern zu genießen. Nach einem kurzen Abstieg in den Oberen Valsordakessel ging es wieder bergauf zur ForcellaValsorda (2630 m) mit Tiefblick auf das Felsenfenster „Porta del Latemar“ und auf den schiefen Felsturm „Torre di Pisa“. Über einen steilen Felsgrad zum Gipfel der CimaCabignon (2691 m) und jenseits nur wenige Meter hinunter zur Rifugio Torre di Pisa (2671 m), auch Latemarhütte genannt. Trotz der enormen Menschendichte hier heroben, ergatterte jeder von uns irgendwo einen aussichtsreichen Sitzplatz und irgendwann das ersehnte Getränk und etwas zum Essen. Neben der Aussicht beeindruckte uns auch der Tiefblick hinunter ins Val di Fiemme auf die Stadt Predazzo. Konzentration erforderte dann der Abstieg über die steile, schrofige Südflanke bis zu einer Wiesenschulter (2330 m). Von dort ging es dann auf einem bequemen Höhenweg zurück zum Oberholzlift. Nach einer geselligen Rast auf der dortigen Sonnenterrasse, schwebten wir am Sessellift wieder ins Tal.
Unsere zweite Gruppe stattete von Oberholz aus der Mayrl Alm (2050 m) einen Besuch ab und wanderte nach der Sessellifttalfahrt von Obereggen (1550m) zum Hotel Bewallerhof und weiter am Perlenweg in leichtem Auf und Ab zum Karer See.
Mittwoch, 30. August 2017
Blauer Himmel, Sonne und noch eine Spur wärmer als am Vortag. Mit dem Bus gelangten wir über den Karer Pass nach Vigo di Fassa und mit der uns schon bekannten Großraumgondel hinauf nach Ciampedie (1997 m). Am Weg durch den Wald hinunter nach Gardeccia (1949 m) im Vajolettal fühlten wir uns wie in einer Wallfahrtsprozession oder in der Linzer Landstraße an einem Adventsamstag. Erst beim Anstieg über den steilen, voll der Sonne ausgesetzten Fahrweg hinauf zur Vajolethütte (2244 m) zog sich das Menschenband etwas auseinander und bekam Risse. Oben bei der Hütte waren gerade Dreharbeiten für einen neuen Bozen-Krimi im Gange. Angesichts des Trubels verweilten wir (21 Teilnehmer) nur kurz bei der Vajolethütte, gingen zwei steile Kurven wieder talwärts und begannen dort unseren großen Höhenbummel südwärts unter der Rosengartenspitze-Ostwand und dem Baumannkamm. Hier war vom großen Trubel glücklicherweise nichts mehr zu spüren. In leichtem Auf und Ab führt der Steig lange Zeit über grüne Matten bis es dann nach der Abzweigung des Steiges über das Tschager Joch schottrig und felsig wird. Zwei Stellen, an denen der Weg etwas ramponiert war, sorgten bei ein paar von uns für kurzen Nervenkitzel, so ganz ohne Bozen-Krimi. Eine kurze versicherte Felspassage und dann anstrengend über Steilschutt hinauf zum Cigoladepass (2550 m). Kurze Rast und die Aussicht genießen. Dann jenseits des Passes ein steiles Kar hinunter, vorbei an den Wänden der Südlichen Mugonispitze, durch einen originellen Felsdurchgang hinab zu den Wiesen des Unteren Vajolonkessels und unter der Rotwand fast eben zur Rotwandhütte (2280 m). Dass man dort freundlich und gut bewirtet wird, haben wir schon am Montag erfahren. Also ließen wir uns wieder für eine erholsame Pause nieder, ehe wir das letzte Stück unseres Weges, vorbei am großen Adler zur Paolinahütte (2125 m) zurücklegten. Der Sessellift brachte uns dann direkt zu unserem Hotel.
Unsere zweite Gruppe ist von der Vajolethütte wieder zurück nach Gardeccia und nach Ciampedie gewandert. Per Seilbahn und Bus gelangten auch sie wieder zum Hotel. Ein herzliches Dankeschön an Heidi Krenn, die sich an allen drei Tagen so fürsorglich und gar nicht „schulmeisterhaft“ um die zweite Gruppe gekümmert hat!
Auf Initiative unserer Tochter Eva fanden wir uns alle um 18:00 Uhr in der kleinen Kirche von Carezza ein, um für Peter und seine Familie eine kurze, aber feierliche Andacht zu halten. Erika Habacher gestaltete die Andacht und Ernst Gebesmair untermalte sie musikalisch mit Gitarre und Gesang.
Bei Sonnenschein und nach wie vor recht warmen Temperaturen (auf immerhin 1620 m Höhe) wurde auf der Terrasse der Sektempfang unserer Gastgeber nachgeholt. Die darauf folgenden zwei Stunden waren wir dann mit dem überaus köstlichen und umfangreichen Gala-Dinner beschäftigt.
Donnerstag, 31. August 2017
Wieder blauer Himmel, Sonne und sehr
warm. Nach dem ausgiebigen Frühstück räumten wir die Zimmer, sahen uns noch
etwas in Carezza um und spazierten dann auf Waldwegen hinunter zum Karer See
(1544 m). Dort trafen wir zwar auf wenig Wasser, dafür wieder auf umso mehr
Menschen.
Wie geplant kurz vor Mittag kehrte Georg Habacher von seiner
Solo-Tour durch die Rosengartengruppe zurück. Er war bei Sonnenaufgang noch
auf der Antermoia-Hütte. An den Vortagen hatte er unter anderen die
Latemarspitze (2800 m) und den Piz Boè (3152 m) in der Sellagruppe bestiegen. Eva
hatte den Vormittag genutzt, um mit ihrem Bike einen wilden Ritt am Trail von
der Frommeralm hinunter nach Welschnofen hinzulegen. Die anderen Radfahrer
fuhren nach drei Tagen Radabstinenz über den Nigerpass hinunter ins Eisacktal
und nach Bozen.
Dort unten im Eisacktal nahmen wir sie dann wieder an Bord
unseres Busses. Die Heimfahrt erfolgte über den Brenner, Innsbruck, das Inntal,
Rosenheim und Salzburg, natürlich nicht ohne würdige Abschlussrast. Diese hatte
wieder Eva organisiert, und zwar im gemütlichen Gasthof Schorn in Anif bei
Salzburg.
Bericht von Franz Berger-Schauer