[8.6.2018] Gewitter gehören im Sommer zu den größten Gefahren am Berg. Das Wetterphänomen bringt nicht nur Kälte und Nässe (und das Risiko der Unterkühlung) mit sich, sondern natürlich auch die akute Blitzschlaggefahr. Heuer wurde bereits im Mai eine außergewöhnlich hohe Blitzaktivität in Österreich registriert.
Zwar liegt die Wahrscheinlichkeit, vom Blitz getroffen zu werden, bei 1
zu 3 Millionen, allerdings ereigneten sich laut "Kuratorium
für alpine Sicherheit" in den letzten 10 Jahren dennoch 45 Unfälle durch
Blitzschlag - mit insgesamt 68 Verletzten und 6 Toten. Und da die Wandersaison
mit der Gewittersaison einher geht, ist das Gewitter beim
Bergwandern definitiv ein Risikofaktor.
Bei Gewittern unterscheidet man zwischen zwei Typen. Der erste Gewittertyp ist das Frontgewitter, das mit einer Kaltfront und einem evtl. folgenden Wettersturz einhergeht. Die Frontgewitter treten großflächig auf und haben meist eine eindeutige Zugbahn. Sie sind tages- und jahreszeitlich unabhängig. Ihr Auftreten ist nicht überraschend, ihre Ankunftszeit ist meist gut vorhersagbar und muss unbedingt ernst genommen werden.
Der zweite Gewittertyp ist das Wärmegewitter. Diese Gewitter treten vor allem im Sommerhalbjahr während Schönwetterperioden auf. Zumeist nimmt dann die Gewitterneigung von Tag zu Tag zu. Die Beobachtung der Wolkenbildung gibt uns Aufschluss über die Gewitterneigung. Wachsen kleine Haufen-/Schönwetterwolken rasch zu immer größer werdenden Quellwolken und letztlich zu Wolkentürmen, evtl. sogar mit Ambossbildung aus, sind das eindeutige Alarmzeichen. Rasch muss Schutz gesucht werden. Im Gegensatz zu Frontgewittern treten Wärmegewitter meist am Nachmittag oder Abend und lokal begrenzt auf. Auch bringen sie keine nachhaltige Wetterverschlechterung mit sich.
Von Gewittern überrascht zu werden, lässt sich mit einer guten Tourenplanung und einer genauen Beobachtung der Wolkenbildung am Tourentag zum Großteil verhindern. Ein früher Aufbruch kann vor allem im Sommer ein klarer Vorteil sein.
Fast alle Gewitter lassen sich heute mit hoher Treffsicherheit vorhersagen. Steht also eine Bergwanderung an, checken wir den Wetterbericht unseres Vertrauens auf Gewitterneigung. Ist diese gegeben, planen wir unsere Tour so, dass wir rechtzeitig –
idealerweise zu Mittag – wieder retour oder in einer Hütte sind. Wir
verzichten auf lange Touren und jene mit Seilversicherungen an
ausgesetzten Graten und mit exponierten Gipfeln.
Natürlich können Gewitter auch früher aufziehen als prognostiziert. Deshalb beobachten wir die Entwicklung der letzten Tage bzw. besonders die Wetterentwicklung auf Tour. Haben sich aufbauende Quellwolken von Tag zu Tag früher gebildet und gibt es am Tourentag schon in den Vormittagsstunden Haufenwolken, müssen wir bereits am frühen Nachmittag mit Gewittern rechnen.
Akute und eindeutige Alarmzeichen für ein nahendes
Gewitter sind turmartig und ambossförmig aufgebaute Gewitterwolken, böig
auffrischender Wind und elektrische Ladungen (Surren) in der Luft.
Beträgt die Zeitdauer zwischen Blitz und Donner 10 Sekunden ist das
Gewitterzentrum drei Kilometer entfernt. Allerhöchste Zeit,
entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen!
Im Fall eines Gewitters im Gebirge bieten geschlossene Gebäude wie Schutzhütten oder Biwakschachteln den besten Schutz, sofern ein rechtzeitiger Abstieg ins Tal nicht mehr möglich ist.
Gefährlich wird es an exponierten Stellen: Grate und Rücken, alleinstehende Erhebungen wie Gipfelkreuze, Masten und einzelne Bäume gilt es ebenso schnell zu verlassen wie drahtseilversicherte Passagen und Wasserläufe. Stattdessen suchen wir in Mulden oder wenig exponierten Geländeformen Schutz.
Falls auf weiten, offenen Flächen wie Almwiesen oder Hochebenen kein Unterschlupf zu finden ist, begeben wir uns in Kauerstellung und hocken uns mit geschlossenen Beinen auf eine isolierende Unterlage (z.B. Rucksack).
Grafiken von Georg Sojer, aus dem "Booklet Bergwandern"
Das "Booklet Bergwandern" enthält alles, was Wanderer wissen müssen, um möglichst sicher und risikobewusst in den Bergen unterwegs zu sein und ihren Sport uneingeschränkt genießen zu können. Die Themen: Ausrüstung, Tourenplanung, Wetter, Orientierung, Bewegungstechnik, Verhalten im Notfall und Tipps zum Wandern mit Kindern.