So könnten die Brennerberge demnächst aussehen Materialseilbahnen, Zufahrtsstraßen, Stromleitungen und Windräder machen die beeindruckende Gebirgskulisse wertlos.
Foto: OeAV/W. Seifert
Montage: Sterndruck/Fügen
In einer gemeinsamen Pressekonferenz in Bozen haben sich die Alpenvereine AVS, CAI, OeAV und DAV sowie die Dachorganisation der Alpenvereine, der Club Arc Alpin (CAA), gegen die Verwirklichung der Windparkprojekte Sattelberg und Sandjoch in den Brennerbergen ausgesprochen. Die Diskussion rund um das Thema Energie aus Windkraft muss alpenspezifisch geführt werden, sind sich die Vertreter aller Organisationen einig. Die Planung für die Nutzung neuer Standorte zur Energieproduktion muss auch nach Kriterien des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes erfolgen.
Konzept zur Energiewende von Politik eingefordert
Bereits im Jahre 2006 hat der Club Arc Alpin (CAA) eine Grundsatzposition über die Nutzung der Windkraft im Gebirgsraum erarbeitet, die von allen 8 alpinen Mitgliedsvereinen mitgetragen wird. Auf dieser Grundlage aufbauend lehnen nicht nur die lokalen Alpenvereine AVS und CAI, sondern auch der OeAV und der DAV die geplanten Windparks in den Brennerbergen aus Gründen des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes dezidiert ab. Bisher wurde im Alpenraum kein einziges Projekt in dieser Größenordnung und Höhenlage bewilligt. Die Genehmigung der beiden eingereichten Projekte käme daher einem Dammbruch gleich und würde einer Erschließung der alpinen Bergkämme für die Windkraftnutzung Tür und Tor öffnen. Die Alpenvereine befürworten prinzipiell die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und fordern von der Politik ein Konzept zur Energiewende ein. Bevor über Standorte für neue Produktionsstätten entschieden wird, müssen Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Steigerung des Potentials von Altanlagen oberste Priorität haben. In Zusammenhang mit neuen Anlagen ist die Vorlage einer Gesamtenergiebilanz zu fordern.
Keine Industrielandschaften auf den Bergen
Die für die Windkraftnutzung vorgesehenen Standorte in den Brennerbergen sind aus ökologischer, raumplanerischer und gesellschaftspolitischer Sicht nicht tragbar. Insbesondere können die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Natur und Umwelt nicht unabhängig voneinander bewertet werden.
Nach Ansicht der Bergsteigervereine spricht die mit den Windparks und dazugehörigen Infrastrukturmaßnahmen einhergehende Landschaftszerstörung in einem der wenigen, noch naturnahen Landschaftsräume im Brennergebiet eindeutig gegen eine Verwirklichung. Die Windpark-Projekte sind allem voran Straßenbauprojekte im alpinen Gelände. Bestehende Straßen müssten massiv ausgebaut, Kilometer neuer Zufahrtstraßen inklusive Stützbauten und Lawinenverbauungen sowie Materialseilbahnen angelegt werden. Die bisher weitgehend naturnahe Landschaft würde somit in eine weithin sichtbare Industrielandschaft umgeformt.
Zugelvogelrouten werden massiv gestört
Neben den landschaftsästhetischen Aspekten sind die Projekte aus ökologischer Sicht äußerst bedenklich. Internationale Studien zeigen die Gefährdung der Zug- und Brutvögel durch das Kollisionsrisiko mit den Windkraftanlagen und die Lebensraumveränderung auf. Die Brennerberge liegen an einer wichtigen alpenquerenden Zugvogelroute. Gleichzeitig bieten sie durch die Vogelschutzrichtlinie streng geschützten Brutvogelarten einen wichtigen Lebensraum. Für diese Arten tragen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine gemeinsame besondere Verantwortung. Dennoch sind die bislang vorliegenden wissenschaftlichen Daten über die Auswirkungen der beiden Windparkanlagen auf Zug- und Brutvögel unzureichend.
Landschafts- und Naturschutz machen nicht an Staatsgrenzen halt. Dies beweist auch die geschlossen negative Haltung der Nordtiroler Bevölkerung und der Umweltverbände, welche sich vehement gegen zwei Windparks wehren, die unmittelbar an der Grenze zum Landschaftsschutzgebiet[1] Nösslachjoch - Obernberger See - Tribulaune und in einem beliebten Naherholungsgebiet errichtet werden sollen. Auch die Fachexperten der Tiroler Landesregierung haben sich im Rahmen des Konsultationsverfahrens nach der ESPOO-Konvention äußerst negativ zur behaupteten Umweltverträglichkeit der beiden Projekte geäußert.
Schaden für naturnahen Tourismus
Südtirol wirbt mit seiner außergewöhnlichen Landschaft um Gäste und setzt zunehmend auf naturnahe Tourismusformen. Ein Baustellen-Tagestourismus ist aber mit Südtirols touristischem Image und einem sorgsamen Umgang mit Natur und Landschaft nicht vereinbar.
Die Alpenvereine fordern daher die Projektwerber und die politischen Entscheidungsträger auf, von einer Umsetzung der Vorhaben abzusehen.
Weitere Informationen bzw. Stellungnahmen
Stellungnahme des Landes Tirol, Beilage 1, Beilage 2, Beilage 3
Stellungnahme des Alpenvereins
Liste der negativen Stellungnahmen
[1] Gemäß Tiroler Naturschutzgesetz ist ein Landschaftsschutzgebiet ein Gebiet, welches eine besondere landschaftliche Eigenart und Schönheit aufweist