Die Vorstellung von moderner Architektur in den Bergen stößt
bei vielen auf Vorbehalte. Vor allem bei jenen, die die Berglandschaft
möglichst unberührt sehen wollen. Den Skeptikern hinsichtlich des
Erscheinungsbildes geben wir zu bedenken: den traditionellen alpinen Baustil haben
unsere Vorfahren nicht entwickelt, weil er so schön anzusehen ist, sondern weil
sie möglichst effizient bauen mussten. Die Alpenbewohner waren selten reich.
Ihre Häuser mussten zweckmäßig, möglichst günstig und langlebig sein – und
natürlich mit den damals zur Verfügung stehenden Baustoffen und Techniken
hergestellt werden können. Die Häuser, die wir heute als typisch bezeichnen,
waren also das Ergebnis einer Reihe von Sachzwängen.
Aber genau dieselben Kriterien legen auch wir heute bei unserem Neubau wieder an: auch wir müssen mit unseren Mitteln streng haushalten – und wollen doch ein zweckmäßiges und langlebiges Gebäude errichten. Dies allerdings mit heutigen Baustoffen und Techniken und angepasst an den zweifellos extremen Standort am Gletscher. Die Anforderungen sind durchaus hoch: nicht nur soll die Hütte in ihrer ausgesetzten Lage Schutz vor den Naturgewalten bieten, auch der heute erwartete gastronomische und sanitäre Komfort soll geboten werden. Solar- und Photovoltaikanlagen zur Energieversorgung müssen untergebracht und das Regenwasser vom Dach gesammelt werden. Der Winterraum muss auch bei hohen Schneemengen frei zugänglich sein. Schließlich kann der Bau in dieser Lage nur in den kurzen Sommermonaten durchgeführt werden und der An- und Abtransport der Materialien erfolgt per Hubschrauber. All dies hat die Form des Gebäudes beeinflusst. Zusätzlich greift der kompakte Körper möglichst wenig in die besonders geschützte Landschaft des Dachsteins ein und wird sich mit der im Genehmigungsverfahren von der Naturschutzbehörde ausdrücklich verlangten steingrauen Fassade der Umgebung bestmöglich anpassen. Die Abmessungen des Ersatzbaus mit 8,4 m Breite, 14,8 m Länge und 7,6 m Höhe (9,6 m maximal) sind vergleichbar mit jenen eines größeren Einfamilienhauses.
Zeitgemäße Schutzhütten sollen kleinstmöglich sein und
zurückhaltend auftreten. Sie sollen deswegen aber nicht ihre Bedeutung als
wesentliche Erschließungsbauwerke der Alpen verleugnen. Und sie machen vor
allem eines deutlich: Ressourcenschonendes Bauen und Wirtschaften sowie
qualitativ hochwertige, architektonisch ansprechende Baukultur stehen im
hochalpinen Raum nicht im Widerspruch, sie bedingen sich.